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1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
#1 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
Hola Compañeros,
"dank" Corona und Home-Office finde ich endlich Muße für einen Reisebericht. Vielleicht eine kleine Ablenkung von den aktuellen Einschränkungen der Reisefreiheit. Tatsächlich musste ich meine Reisepläne für den April stornieren. Hoffen wir, dass wir bald wieder real unterwegs sein dürfen.
1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
27. Oktober - 3. November 2019
Päuschen unter einer Autobahnbrücke
„Beim Radfahren lernt man ein Land am besten kennen, weil man dessen Hügel empor schwitzt und sie dann wieder hinuntersaust.“ (Ernest Hemingway)
Ich weiß nicht, ob Hemingway aus eigener Erfahrung schreibt, aber wo er recht hat, hat er recht. Radreisen gehören auch für mich zu den spannendsten Reisearten. Und das trotz Gegenwind, Regen, steiler Berge und anderen Widrigkeiten. Ich muss nicht immer und nicht überall mit dem Fahrrad hin, aber in Kuba sind die Voraussetzungen dafür exzellent. Es gibt zwar kaum Radwege, dafür jede Menge einsame Landstraßen, die durch faszinierende Landschaften führen. Wenn man unterwegs mal Probleme hat, trifft man schnell auf hilfsbereite Menschen. Und auch ziemlich cool, man darf als Radfahrer auf die Autobahn.
Westkuba bei Viñales
Kurz zusammengefasst läuft meine Reise wie folgt ab: Ich beginne in dem kleinen Fischerort Boca de Camarioca, unweit von Varadero (Westkuba). Die erste Radstrecke führt mich über Havanna bis nach Viñales.
Die rund 800 km zwischen Havanna und Holguin (Ostkuba) überbrücke ich mit dem Bus. Der Transport von Fahrrädern ist im VIAZUL unproblematisch und, da ich eher Genussradler als Kilometerfresser bin, überbrücke ich weniger interessante Strecken lieber auf vier Rädern. Und auch aus Zeitgründen muss ich Prioritäten setzen.
In Ostkuba starte ich zur zweiten Bike-Runde in Holguin, mein Ziel ist Santiago de Cuba. Natürlich über Baracoa und über die berühmt-berüchtigte Farola.
Und damit das Ganze auch wie Urlaub aussieht, verbringe ich die letzten Tage in Siboney am Meer.
Landstraße Holguin - Guardalavaca
Aus meiner letzten Reise Der Hahn in Nachbars Garten kraeht habe ich etwas gelernt:
Erstens habe ich mein eigenes Bike mitgebracht. Das 25 Jahre alte Kettler Adventure Xtreme Mountainbike ist ein Arbeitstier ohne technischen Schnickschnack, ein Mulo, robust, zuverlässig und, falls nötig, mit wenig Aufwand zu reparieren. Ideal für Kuba. Und ich weiß, es wird mich niemals grundlos abwerfen. 😉
Zweitens, statt eines flatterigen Sonnenhutes habe ich einen Helm auf dem Kopf, zumindest auf stark befahrenen Straßen, oder bei steilen Abfahrten. Manchmal wird man tatsächlich aus Erfahrung klüger. Und sollte es zum Schlimmsten kommen, habe ich genügend Verbandsmaterial im Gepäck.
Auch eine Flaschenhalterung für 1,5 l Plastikflaschen habe ich besorgt. Die ist äußerst praktisch, da in die Standardhalterungen nur kleine Flaschen passen. Für meinen Riesendurst viel zu klein.
Ostkuba Playa El Verraco bei Siboney.
Aber genug geschwafelt. Vamos, a la lucha!
#10 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
Anreise: Frankfurt – Flughafen Varadero - Boca de Camarioca
Eine Reise nach Kuba beginnt normalerweise mit einem etwa zehnstündigen Flug, in einem mit Urlaubern vollgestopften und viel zu engen Flugzeug. Davor Schlange stehen beim Einchecken, Warten an der Sicherheitskontrolle, Gedränge beim Boarding.
Ganz anders an diesem Oktobermorgen auf dem Frankfurter Airport. Wo sich sonst am Check-In Schalter ungeduldige Urlauber gegenseitig auf die Füße treten, herrscht gähnende Leere. Nur zwei Schalter sind besetzt. Einer für die Holzklasse und einer für die VIPs.
Einen Moment befürchte ich, der Flug könnte abgesagt worden sein und niemand hätte mir etwas gesagt. Doch der Angestellte am VIP-Schalter winkt mich heran und kurze Zeit später bekomme ich die Boardingkarte, während Gepäck und Fahrradkarton in den Weiten des Flughafens verschwinden.
Condor Check-In: Gähnende Leere
Geisterflieger nach Kuba
Auch im Flugzeug gähnende Leere. Das ist fast ein bisschen unheimlich. Tatsächlich tauchen noch zwei oder drei weitere Passagiere auf, das wars.
Aber was soll‘s, ich breite mich über so vielen Sitzen wie möglich aus und bin selten so bequem geflogen. Und auch die Flugbegleiterinnen waren ungewohnt entspannt und freundlich auf diesem Flug.
Grund für den Geisterflieger ist die kürzliche Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook. Das hat die Leute wohl vor einer Buchung mit Condor abgeschreckt.
Inmigración Flughafen Varadero
Zehneinhalb Stunden später im Flughafen Varadero, Kuba. Eine sympathisch aussehende Inmigración-Beamtin nimmt meinen Pass entgegen. Wie bei jeder Einreise werde ich zunächst fotografiert und dann, obwohl alles längst im allwissenden Computer stehen muss, folgen die immer gleichen Fragen:
Inmigración: „Cuantas veces en Cuba?“
Ich: „Muchas veces“
Inmigración: „Porque visitas Cuba?“
Ich: „Soy turista“
Inmigración: „Donde estas alojado?“
Ich: „Casa Particular“
Inmigración: „Profesión?“
Ich: „Informático“
Inmigración: „Donde trabajas?“
Ich: „En la universidad“
Die letzte Antwort macht sie misstrauisch.
Inmigración: „Piensas a visitar una universidad en Cuba?“
Ich: „No“
Inmigración: „Un momento por favor“
Sie reicht meinen Pass einer Kollegin. Diese bedeutet mir mitzukommen. Eine weitere Uniformierte, eine Jefa, kommt dazu. Die beiden sprechen leise miteinander. Leider kann ich nichts von dem Getuschel verstehen. Aber wahrscheinlich diskutieren sie darüber, ob dem kubanischen Volk Gefahr drohen könnte, falls ich doch eine Universität besuche.
Und, ich habe es kommen sehen, muss ich alle Fragen noch einmal beantworten. Seufz. Ich beteure auch noch einmal, dass ich keine Universität in Kuba besuchen werde. Endlich überzeugt, oder einfach nur weil es Zeit für den Almuerzo ist, drückt mir La Jefa den Pass in die Hand und die Einreisetüre öffnet sich mit einem hässlichen Summton.
Bevor man zum Gepäckband kommt, muss man mit dem Handgepäck noch durch eine Röntgenschleuse. Und wieder werde ich auf die Seite genommen.
„Señor, venga!“
Diesmal kümmern sich gleich drei Inmigración-Beamtinnen um mich. Offenbar ist das hier ein Frauenjob. Eine öffnet meinen Rucksack und zeigt auf einen schwarzen Gegenstand, der mit viel Phantasie eine futuristische Waffe sein könnte.
„Que es eso?“
Die drei schauen mich gespannt an.
Was sie in der Hand hält, ist ein Gimbal, also ein Gerät, das zur externen Bildstabilisierung für Kameras verwendet wird. Gimbals kommen vor allem im Videobereich zum Einsatz. Ich habe keine Ahnung, wie so ein Teil auf Spanisch heißt. Das Wort Gimbal sagt ihnen nichts. Also erkläre ich, so gut ich kann, die Funktion. Plötzlich geht ein Lächeln über die Gesichter der Frauen. Eine sagt:
„Es un paloselfi“
Da muss auch ich grinsen und da das Rätsel gelöst scheint, darf ich alles wieder einpacken.
Eine der jüngeren Beamtinnen, immer noch lächelnd, beobachtet mich beim Einpacken und sagt plötzlich:
„Viajas solo“?
Ich: „Si.“
Inmigración: „Ya tienes novia en Cuba?“
Ich: „No.“
Inmigración: „Quieres una?“
Dabei strahlt sie mich vielversprechend an und die anderen zwei kichern wie Schulmädchen beim ersten Rendezvous.
Bienvenido a Cuba.
Zitat von Clandestino im Beitrag #10
„Viajas solo“?
Ich: „Si.“
Inmigración: „Ya tienes novia en Cuba?“
Ich: „No.“
Inmigración: „Quieres una?“
Dabei strahlt sie mich vielversprechend an und die anderen zwei kichern wie Schulmädchen beim ersten Rendezvous.
Bienvenido a Cuba.
Süß.
#12 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
#13 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
#17 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
#18 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
#19 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
Teil 1: Die Westroute.
Boca de Camarioca - Jibacoa - Havanna - Las Terrazas - San Diego de los Baños - Viñales - Havanna
Blau = Radstrecke I Gelb = Bus I Rot = Übernachtungsorte
Große Karte
Boca de Camarioca
Für die erste Nacht habe ich über Airbnb eine Unterkunft in dem kleinen Fischerort Boca de Camarioca gebucht. Boca liegt, ihr habt es bestimmt schon erraten, an der Mündung des Flusses Camarioca. Fährt man vom Flughafen Richtung Varadero, kommt man automatisch an Boca vorbei.
Vor dem Flughafengebäude stehen mit Schlüssel klimpernde Taxifahrer. Sie wollen 30 CUC für die Fahrt nach Boca. Das ist ziemlich dreist für die läppischen 15 km. Ich biete 15 CUC, was die Taxistas mit gespielter Empörung ablehnen:
„No, no, señor, nadie lo hace por este precio.“
Da ich ein Fahrrad dabeihabe, bin ich nicht wirklich auf ein Taxi angewiesen und damit in der besseren Verhandlungsposition. Etwas abseits vom Haupteingang beginne ich den Fahrradkarton zu öffnen. Tatsächlich habe ich wenig Lust hier am Flughafen mein Fahrrad zusammenzubauen und dann in der nachmittäglichen Hitze nach Boca zu radeln. Aber das wissen die Taxistas nicht, und noch bevor ich das Klebeband gelöst habe, höre ich hinter mir das Klimpern eines Schlüsselbundes:
Taxista (klimpert mit dem Schlüsselbund): „beinticinco“.
Ich: „veinte“
Taxista: „Ven!“
Mein Fahrradkarton verschwindet In dem riesigen Kofferraum seiner Maquina. Und der ist so groß, da hätte glatt noch ein zweiter reingepasst. Ich setze mich auf den Beifahrersitz, vielmehr auf eine Vorderbank, auf der locker fünf Personen Platz hätten. Was für Dimensionen hat dieser Oldtimer.
Und ab geht’s nach Boca de Camarioca. Schon bald tauchen die hässlichen Plattenbauten auf, die man von der Via Blanca als erstes sieht, wenn man sich Boca nähert. Aber das eigentliche Städtchen ist hübscher, die meisten Häuser sind ein- oder zweistöckig und es gibt sogar einen netten, kleinen Strand.
Plattenbauten in Boca
Relaxtes Boca
Boca
Ich kenne Boca noch aus einer Zeit, als es den Bocariensern strengstens verboten war, Privatzimmer an Ausländer zu vermieten. Das lag an der Nähe zu Varadero. Der Staat wollte hier keinen Individualtourismus haben. Damals musste ich in einer illegalen Casa übernachten, was nur möglich war, weil der Vermieter beste Beziehungen zu den Behörden hatte. Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Ich sehe jetzt an vielen Häusern das blaue Ankerzeichen der Casas Particulares.
Cecilio, mein Casavermieter hält gerade Mittagsschlaf, als ich dort ankomme. Hinter einem verschlossenen Eingangstor führt eine schmale Treppe zwei Stockwerke nach oben. Ich läute und rufe: „Cecilio, Cecilio.“ Keine Antwort. Nachbarn finden sich ein, rufen ebenfalls: „Ceciliooo“. Als immer noch kein Cecilio kommt, klettert einer der Nachbarn über das Eingangstor. Ein paar Minuten später kommt er mit einem verschlafen aussehenden Cecilio wieder herunter. Der murmelt etwas von „disculpe“ und „sueño“ und er habe ganz vergessen, dass ich heute komme. Zum Glück hat er das Zimmer nicht anderweitig vermietet, in Kuba ist so etwas keine Seltenheit.
Das Zimmer, bzw. kleine Appartement ist ok. Ich habe den zweiten Stock für mich alleine, und nachdem ich die Aircondition auf volle Pulle gestellt habe, kann man es darin sogar aushalten.
Neben dem Haus befindet sich ein kleiner Schuppen. Auf das Wellblechdach knallt die Nachmittagssonne und drinnen hat es gefühlte 45 Grad. Dort baue ich später mein Fahrrad zusammen. Momentan habe ich noch recht viel Gepäck, aber ich hoffe, einen Teil davon in Havanna deponieren zu können.
Gepackt und reisefertig
Später mache ich mich auf die Suche nach Trinkwasser für den morgigen Tag. An einem heißen Fahrradtag habe ich einen Verbrauch von 6 - 7 Liter. Und da ist das Bier noch nicht eingerechnet.
Viele Einkaufsmöglichkeiten gibt es in Boca nicht und an allen potentiellen Verkaufsstellen bekomme ich dieselbe Antwort:
„Agua no hay.“
An einem Kiosk, dessen Sortiment aus Keksen, Waschpulver, Rum und Bier besteht, erstehe ich schließlich zwei Dosen Bier und eine kleine Flasche Rum. Zwar kein Wasser, aber besser als nichts. Eine Erfahrung, die ich im Verlaufe meiner Reise noch einige Male machen werde: Wenn es sonst nichts gibt, Rum und Bier gibt es immer.
Boca Mercado ;)
Abends in Boca de Camarioca
#20 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
Boca de Camarioca - Jibacoa (72 km)
Am nächsten Morgen bin ich früh auf den Beinen. Es ist noch dunkel, nicht einmal die Hähne krähen, als ich mein Fahrrad bepacke. Die Frau meines Casavermieters steht im rosa Morgenmantel am Gasherd und brutzelt mit viel Fett eine Tortilla. Dazu gibt es trockenes Brot und ein paar traurig aussehende Früchte. Egal, ich vertilge alles bis auf den letzten Krümel. Man weiß in Kuba nie, wann, wo und was es als nächstes zu essen gibt.
Cecilio, der Vermieter, drückt mir in einem Anfall von Hilfsbereitschaft zum Abschied zwei Flaschen gefiltertes Wasser aus seinem persönlichen Vorrat in die Hand.
„No cobro por eso“
Da soll mal einer sagen, Kubaner wären nur hinter dem Geld her… 😉
Morgens in Boca
Als ich Boca verlasse, streichen gerade die ersten Sonnenstrahlen über den Rio Camarioca und das noch schläfrige Örtchen. Der Himmel ist strahlend blau, fast wolkenlos und die Temperaturen angenehm kühl. Und weil ich weiß, dass es schon bald wieder richtig heiß werden wird, ist mir die Kühle besonders willkommen. Obwohl ich kein ausgesprochener Frühaufsteher bin, liebe ich die Stimmung des frühen Morgens. Ich trete gut gelaunt in die Pedale und freue mich auf den Tag.
Die Via Blanca, die Varadero mit Matanzas und Havanna verbindet, ist eine meist vierspurig ausgebaute, verkehrsreiche Autobahn. Heute Morgen sind auffallend wenig Fahrzeuge unterwegs. Das mag einerseits der frühen Stunde geschuldet sein, liegt aber auch an der aktuellen Dieselknappheit, unter der Kuba aufgrund US-amerikanischer Sanktionen zu leiden hat.
Für mich ist die fast verkehrslose Autobahn der perfekte Radweg. Nachdem ich mich an das durch das zusätzliche Gewicht veränderte Fahrverhalten meines Fahrrades gewöhnt habe, radle ich, unterstützt von einem leichten Rückenwind, fast mühelos Richtung Havanna.
Irgendwo zwischen Boca und Jibacoa
Irgendwo zwischen Boca und Jibacoa
Auf der Via Blanca
Matanzas
In Matanzas muss ich meinen Wasservorrat auffüllen. Die 3 l Filterwasser aus Boca sind schon bedenklich geschrumpft. Und der lauwarme Rest schmeckt irgendwie muffig. Wer weiß, aus welchen gammeligen Kübeln Cecilio das Wasser geschöpft hat.
Ich mache vor einem Supermarkt halt. Das Problem ist, man kann in Kuba sein Fahrrad nicht einfach mal schnell auf der Straße unbewacht stehen lassen, um etwas einzukaufen und schon gar nicht mit Gepäck. Man muss nach einer bewachten Parkmöglichkeit Ausschau halten. Dafür gibt es die Guardabicicletas, kleine Negocios, wo man sein Fahrrad gegen Gebühr unterstellen kann. Aber die muss man erst finden.
Doch ich habe Glück, vor dem Supermarkt steht ein Bettler, ein Borracho, zerlumpt, unrasiert und weitgehend zahnlos. Bevor er auch nur „ayudame“ oder „regalame“ nuscheln kann, stelle ich ihn als "Guardabici" ein:
„Mira mi bicicleta“ und: „No te mueves de aqui“
Er bleibt stocksteif neben meinem Fahrrad stehen und ich bin sicher, er wird es mit seinem Leben verteidigen.
Kubanische Supermärkte wirken von außen oft so, als hätten sie ein riesiges Sortiment und man bekäme alles, was man braucht. Drinnen sieht es anders aus. Es gibt wenig unterschiedliche Produkte. Die Regale sind zwar gefüllt, aber darin steht immer das Gleiche. Und was man gerade sucht, gibt es nicht. Aber diesmal habe ich Glück, es gibt Wasser. Hätte ich geahnt, dass dies das erste und letzte käufliche Trinkwasser der nächsten Wochen sein wird, hätte ich vermutlich den ganzen Laden leer gekauft.
Draußen steht mein Borracho wie eine Statue neben dem Fahrrad, bereit jeden Dieb in die Flucht zu schlagen. Ich drücke ihm einen CUC in die Hand, sage „muchas gracias“, und trete wieder in die Pedale.
Hinter Matanzas gibt es ein paar Anstiege und auch die Sonne ist jetzt deutlich zu spüren.
Landschaftlich interessanter wird es, als ich den Puente de Bacunayagua erreiche. Diese längste und höchste Brücke Kubas kennt jeder Varaderourlauber, der sich mal nach Havanna oder Viñales traut. Die Brücke überspannt ein mit unzähligen Palmen bewachsenes Tal, und jedes Mal, wenn die Sonne zwischen den Wolken hervorbricht, erstrahlen die Hügel in den vielfältigsten Grüntönen.
Puente de Bacunayagua
Auf der Puente de Bacunayagua
Puente de Bacunayagua
#21 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
Jibacoa - Campismo Los Cocos
Campismo Los Cocos
Der Rest der heutigen Strecke ist eher langweilig. Als ich am frühen Nachmittag den Campismo „Los Cocos“ erreiche, freue ich mich schon auf eine kalte Cerveza unter rauschenden Kokospalmen. Aber so einfach wollen sie es mir nicht machen. Am Eingangstor des Campismos stoppt mich ein Wächter. Er will wissen, ob ich eine „reservación“ habe.
Nein, habe ich nicht.
Er setzt eine ernste Miene auf. Der Campismo sei „completo“. Nichts zu machen. Aber er kann mir helfen, denn er kennt eine Casa Particular in der Nähe und könnte dort anrufen.
Das erinnert mich an frühere Situationen, wo Hotelangestellte mich in Casas Particulares umleiten wollten, weil angeblich alles ausgebucht war. Es geht dabei um die 5 CUC Provision pro Nacht, die Casabesitzer jedem bezahlen, der ihnen einen Gast bringt. Gut möglich, dass der Guardia mit der Vermittlung gutgläubiger Turistas an umliegende Casas mehr verdient, als durch seinen regulären Job.
Ich: „Quiero hablar con la señora de la recepción.“
Er: „Ella está almorzando.“
Ich: „Cuando viene?“
Er: „En un ratico.“
Ich warte „un ratico“, dann noch einen ratico, beim dritten ratico werde ich ungeduldig. Ich nerve solange, bis der Guardia zum Telefon greift.
Er: „Ya viene“
Ich setze mich vor das leere Rezeptionshäuschen und warte. Nach einem weiteren ratico sehe ich eine Frau auf mich zukommen, die wie eine Campismo-Gerente aussieht: kurz, stämmig und in einer uniformähnlichen Arbeitskleidung. Schon aus einigen Metern Entfernung ruft sie mir zu:
„Lo siento mucho, todo completo.“
So schnell gebe ich mich nicht geschlagen. Ich setze mein nettestes Gesicht auf und sage, ich hätte mich auf diesen Campismo so gefreut und ich bin mit einer ganz einfachen Unterkunft zufrieden und…
Ich: „Porfavor, es posible“?
Sie verschwindet im Hinterzimmer der Rezeption. Als sie einen langen ratico später zurückkommt, strahlt sie mich an:
„Si, es posible“
Und ich bekomme eines der bunten Häuschen zugewiesen. Es kostet 17 CUC die Nacht und einen CUC Propina für die Señora. Die Einrichtung ist ziemlich Basic, aber ok. Kleine Küche ohne was drin, Sala mit verschlissenen Polstersesseln, Schlafzimmer mit AC, Dusche aus dem Schlauch. Wasser gibt es erst nach 18 Uhr und dann, solange Vorrat reicht.
Da ich mich aufgrund des schweißtreibenden Tages leicht dehydriert fühle, verbringe ich den Rest des Tages biertrinkenderweise am Pool. Das trübe Wasser des Pools, in dem sich unzählige Menschen tummeln, ist nicht wirklich verlockend. Kubaner lieben es, sich im Wasser stehend, oder sitzend mit Rum und Bier abzufüllen. Auch auf den Tischen stapeln sich Bierdosen und Rumflaschen. Kein billiger Pesorum, alles bekannte Marken. Man leistet sich was im Los Cocos.
Buenas noches.
#25 RE: 1300 km mit dem Fahrrad durch Kuba (Westen und Osten)
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