Taxifahrer I.

01.03.2009 10:51
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#1 Taxifahrer I.
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super Mitglied

Nicht dass ich eine Lanze brechen möchte für die Taxifahrer in Kuba. Sie haben ja keinen besonders guten
Ruf, weil sie unbedarfte Touristen gern mal übers Ohr hauen. Auch, da sie sowieso an CUC kommen gehören
sie zu den previlegierten Kubanern. Es gibt Ausnahmen und damit meine ich die hilfsbereiten, netten und
korrekten Taxistas.
Wenn möglich, nehme ich gern Panataxis, die älteren Ladas. Aber an diesem speziellen Tag erwischte ich eine
uralte Kiste. Ich wollte einige Briefe und Mitbringsel aus Deutschland, in Havanna, zu den respektiveb
Empfängern bringen. Auf der Straße, gleich hinter meinem Hotel in Vedado, hörte ich wie jemand leise fragte,
"Taxi ?"
Ich sah gar keines stehen. Drehte mich daher zu dem Mann um und der wiederholte die Frage.
"Gut, eventuell, kommt auf den Preis an".
Seine Gegenfrage: "Wo soll´s denn hingehen ?"
"Na ja, kreuz und quer durch die Stadt. Zuerst nach Diezmero San Miguel de Padro, dann nach Lawton,
weiter in die Altstadt und schließlich noch nach Municipio Lisa und wieder hierher zurück".
Er überlegte kurz: "Gut, 10,- CUC".
"OK, du mußt aber überall auf mich warten, denn ich will ja dort auch noch was erzählen".
"Kein Problem, ich hab Zeit".
"Wo steht denn dein carro ?", denn mir war schon klar, dass er ein Illegaler war.
"Na ja, da steht er doch !"
Heijoooh, nun wusste ich auch warum der Preis so günstig war. Ein Ururaltlada stand am Straßenrand
Farbe, undefinierbar, ocker-rotbraun-grün und Rost. Mit Dellen und Schrammen aber doch halbwegs
guten Reifen. Na ja, dachte ich, egal. Bezahlt wird sowieso hinterher und wollte einsteigen.
"Moment, ich muß von innen die Beifahrertür aufmachen. Der Außengriff geht nicht". Aha.
Als ich dann saß, wollte ich mich natürlich auch anschnallen.
Er grinste: "Geht nicht, der Gurt ist nur zur Zierde, aber leg ihn mal so um als ob". Aha, "danke".
Wider erwarten sprang der Wagen gleich an. Allerdings nicht über Zündschloß. Vielmehr über Kurzschluß!!!
"Du hast den doch nicht etwa geklaut ?" fragte ich mal ganz unschuldig.
Er sah mich entrüstet an: "Aber nein, was denkst du, ich bekomme nur schlecht Ersatzteile".
Natürlich, ich mußte grinsen, woher auch ohne Kohle.
Los ging´s. Nach kurzer Fahrt merkte ich schon, daß er ein guter Fahrer war. Die Bremsen funktionierten,
die Hupe auch, nur die Stoßdämpfer hinten waren, gelinde gesagt, etwas sehr weich. Wir kamen schnell ins
Gespräch. So das übliche, woher, wie gefällt, wieso ich spanisch spreche, usw.
" Ich heiße übrigens Aleman", sagte er und sein Grinsen wurde noch breiter.
"Dich nennt man so weil du blaue Augen hast und rubio bist", entgegnete ich.
"Nee, nee, ist mein richtiger Name". Er zeigte mir sein carnet. Ich verkniff mir zu sagen, dann hat
bestimmt mal ein nordeuropäischer Seeman Deine Mutter oder Oma beglückt.
Wir waren nun fast am ersten Ziel in San Miguel de Padron. Jetzt die Straße finden, denn hier war die
Bebauung in dieser hügeligen Gegend nicht mehr quadratisch. Die Straßenschilder meist ab oder unleserlich.
Er fragte einige alte Männer nach der Richtung, in ihrem kubanischem Kaudawelsch und bekam prompt gleich
vier verschiedene Antworten, soviel verstand ich. Er ließ sich aber nicht auß der Ruhe bringen und fragte
sich weiter durch. Die Straßen, du meine Güte! Schlaglöcher bis 50 cm Tiefe, ausgewaschene Kuhlen,
tiefe Rinnen und Loch an Loch. Hei, wie der Wagen rumpelte und schepperte. Schließlich fanden wir
das Ziel. Ich wurde schon erwartet und es gab gleich Erfrischungen für uns beide. Obwohl, er blieb
draußen und wartete geduldig bei seinem Wagen.
Danach die Fahrt nach Lawton ging erst mal wieder Generals-Richtung Innenstadt, aber dann bog mein
guter Fahrer irgendwo links ab. Zunächst noch Straße, dann Weg, dann Fahrspur. Linker Hand einige
Häuser, rechte Seite eine große Wiese, ja fast ein Tal, mit Schutt und Abfallhaufen am Wegrand. Aber
er kannte sich gut aus. Wir kamen schließlich gut an wo ich hin wollte. Auch hier wieder wie vorher,
ein herzlicher Empfang. Und mein Fahrer, er wartetet auf mich, brav und geduldig.
Danach gurkte er mich durch die Altstadt. Auch hier konnte ich alles erledigen. Von dort sollte es
dann weiter gehen.
"Ich muß eben mal noch was an meinem Haus erledigen", und er fragte mich ob wir einen Abstecher
dorthin machen könnteten.
"Aber natürlich".
Also hin. Zwuschdurch fragte er noch seine Schwägerin (sagte er zumindest), die er unterwegs zufällig
traf, nach irgendwelchen Dingen. Danach einen guten Bekannten ebenso. Schließlich kamnen wir an.
Ich hatte keinen blassen Schimmer wo, in welchem Stadtteil wir waren.
"Hier, das Eckhaus baue ich aus und setze noch ein Stockwerk deauf". Der Bau wat schon weit
vorangeschritten, konnte man sehen. Davor waren 10 Kwadersteine gestapelt. Ein Kieskaufen und
anderes Baumaterial.
"Die sollen heute noch vermauert werden, sonst sind sie in der Nacht weg. Der Maurer kommt nachher".
Diesmal wartete ich geduldig, bis er seine Angelegenheiten geregelt hatte.
Später fragte ich: "Wie lange bist du den schon am Bauen?"
Wieder sein vergnügtes Grinsen: "Och, so rund 7 Jahre". Und dann erzählte er mir seine Lebensgeschichte
wie sie in Kuba typischer nicht sein könnte. Ohne Scheu, vertrauensvoll, als ob wir alte Bekannte wären.
Auch das letzte Mitbringsel für diesen Tag konnte ich dann noch abliefern.
Zurück am Hotel, bezahlte ich und lud ihn noch zu einem Drink ein, den er selbstverstänlich gerne annahm.
Dabei noch etwas erzählen und die Verabredung für den nächsten Tag für eine weiter Tour.
Dann hatte er es aber sehr eilig um zu seinem Hausbau zu kommen. Die Finanzierung für den heutigen
Tag war ja nun gesichert.

Saludos, ortiga








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01.03.2009 21:51
avatar  Pille
#2 RE: Taxifahrer I.
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Cubaliebhaber/in

Ortiga, Dein Bericht hat mir sehr gut gefallen. Wenn man mit dem Fahrer Glück hat, kann mit in beim Taxifahren Interessantes erleben, in der Tat.


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