Erfolge, Misserfolge und Perspektiven der Regierung Chavez

09.08.2004 14:43 (zuletzt bearbeitet: 09.08.2004 14:45)
avatar  Chris
#1 Erfolge, Misserfolge und Perspektiven der Regierung Chavez
avatar
Rey/Reina del Foro

"Die OPEC ist ein Beispiel für eine funktionierende Süd-Süd-Kooperation"
Gustavo Márquez Marin, Venezuelas Botschafter in Wien, im derStandard.at-Interview über Erfolge, Misserfolge und Perspektiven der Regierung Chavez


Márquez Marin: "Venezuela ist für internationale Investoren zu einem der attraktivsten Länder Lateinamerikas geworden."

"Durch diese ständige Desinformation von Seiten der Privatmedien ist die Bevölkerung dieser Berichterstattung gegenüber nun kritischer eingestellt."

"Für die Neoliberalen sind Sozialprogramme das Rettungsauto, das die Leichen aufliest, die der wirtschaftliche Kampf am Wegesrand liegen lässt."


Infografik: Venezuelas Devisenreserven. Quelle: Cadivi/BCV


Infografik: Entwicklung der Zinssätze. Quelle: Cadivi/BCV


Infografik: Entwicklung der Wechselkurse auf dem Parallelmarkt. Offizileller Wechselkurs am 6. August 2004: 1 US Dollar = 1918.60 Bolivares Quelle: Cadivi/BCV

Am 15. August muss sich Venezuelas Präsident Hugo Chávez Frias einem Referendum stellen. Falls so viele Wähler wie bei seiner Wiederwahl im Juli 2000 für seine Abberufung stimmen, kommt es zu Neuwahlen.

Venezuelas Botschafter in Wien, Gustavo Márquez Marin, ist sich allerdings sicher, dass der Präsident seine Amtsperiode ungestört beenden kann. Das Gespräch führte Berthold Eder.

***

derStandard.at: Welche Entwicklung erwarten Sie, falls Präsident Chávez das Referendum zu seiner Abwahl übersteht? Wie würde die Opposition darauf reagieren?

Gustavo Márquez Marin: Ich hoffe, dass die Opposition innerhalb des Rahmens der Verfassung handelt und die Entscheidung des Volks akzeptiert. Sie wird hoffentlich ermöglichen, dass die demokratische Auseinandersetzung wie in jedem anderen demokratischen Land abläuft.

Allerdings gibt es Gründe für die Annahme, dass einige Teile der Opposition ein solches Ergebnis nicht akzeptieren würden und erneut versuchen würden, ein Klima der Gewalt zu schaffen und eine Lösung außerhalb der Verfassung anzustreben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass es im Falle eines solchen Ergebnisses zu einer "Diaspora" der Opposition kommt, dass sich der Oppositionsblock also aufsplittert.

Denn unmittelbar nach dem Referendum finden im September Gouverneurs- und Bürgermeisterwahlen statt, was für die Opposition ein ernsthaftes Problem darstellt. Sie besteht aus einem breiten Spektrum politischer Parteien, die an diesen Wahlen getrennt voneinander teilnehmen werden.

Es gibt natürlich aus Einflüsse aus dem Ausland, die auf diesen Prozess einwirken: Wir hoffen, dass durch die Anwesenheit internationaler Wahlbeobachter, wie zum Beispiel von der Organisation Amerikanischer Staaten und vom Carter-Zentrum, andererseits durch hochgestellte Persönlichkeiten aus dem Ausland die Transparenz des Referendumsprozesses sichergestellt wird.

derStandard.at: Erwarten Sie dass die USA den Ausgang des Referendums akzeptieren werden?

Márquez Marin: Ich denke schon. Es wird ihnen keine Alternative bleiben, als die demokratische Entscheidung des venezolanischen Volks zu respektieren. Es gibt eine offizielle Erklärung des US State Department, dass das Ergebnis anzuerkennen ist.

Das ist die offizielle Position. Allerdings sind wir uns bewusst, dass gewisse Sektoren der Opposition insgeheim Unterstützung von Seiten der USA genießen.

derStandard.at: Welche Entwicklung erwarten Sie, wenn Chávez das Referendum verliert? Welche konkreten Forderungen hat die Opposition außer einer Ablöse des Präsidenten?

Márquez Marin: Ich glaube, dass in diesem laut Meinungsumfragen unwahrscheinlichen Fall die Regierung, der Präsident und alle Unterstützer der bolivarianischen Revolution dieses Ergebnis akzeptieren werden. Wir glauben an die Demokratie, wir vertrauen in diese Verfassung, die wir schließlich selbst erarbeitet haben.

Wenn sich nach fünf Jahren Amtszeit mehr als die 57 Prozent, die ihn damals gewählt haben, für seine Abberufung aussprächen, wäre dies für jeden Politiker ein nicht zu unterschätzendes Signal. In diesem Fall müssten Wahlen abgehalten werden, aus denen Präsident Chávez aber ohne Zweifel als Sieger hervorgehen würde.

derStandard.at: Es steht also außer Zweifel, dass Chávez bei Neuwahlen wieder antreten könnte? Das ist schließlich in der Verfassung nicht eindeutig definiert.

Márquez Marin: Das müsste gegebenenfalls der oberste Gerichtshof entscheiden. Die Verfassung verbietet nur für Abgeordnete, die durch Volksentscheid abberufen werden, eine erneute Kandidatur. Im Fall des Präsidenten ist das noch nicht festgelegt. Wir gehen davon aus, dass er sehr wohl erneut kandidieren dürfte, um seine Amtszeit zu vollenden.

derStandard.at: Bei diesen Wahlen würde also nicht ein Präsident für die nächsten sechs Jahre gewählt, sondern nur für den Rest der aktuellen Amtszeit?

Márquez Marin: Das könnte ich jetzt so nicht bestätigen. Dies ist ein juridisches Problem, mit dem sich der oberste Gerichtshof zum gegebenen Zeitpunkt beschäftigen wird. Aus der Verfassung geht das nicht eindeutig hervor.

derStandard.at: Wie würden Sie die mediale Situation in Venezuela beschreiben?

Márquez Marin: Ich glaube, dass es kein anderes Land gibt, in dem private Fernsehsender und Zeitungen Partei ergreifen und sich zu Akteuren im politischen Prozess entwickelt haben.

Man kann sagen, dass die Medien die Eliten vertreten, die durch den Wahlsieg Präsident Chavez' verdrängt wurden. Die traditionellen politischen Parteien, Sozialdemokraten und Christlich-Soziale, die fast fünf Jahrzehnte an der Macht waren, sind zersplittert -, und die Medien haben ihre Rolle eingenommen.

Die Opposition wird von Eigentümern von Zeitungen und TV-Kanälen angeführt. Diese haben den Staatsstreich im April 2002 und den Ölstreik gegen die gewählte Regierung aktiv unterstützt. Die Regierung hat darauf nicht mit Repression reagiert, obwohl in zahlreichen Fällen offensichtliche Falschinformationen verbreitet wurden.

Ich möchte nur ein Beispiel anführen: Eine bekannte Journalistin behauptete, dass der Sohn des Präsidenten der Ölindustrie korrupterweise Aufträge erhalten habe. Allerdings ist dieser Mann seit Jahren tot. So wird in schamloser Weise das Recht des Bürgers auf wahrheitsgetreue Information verletzt.

Durch diese ständige Desinformation von Seiten der Privatmedien ist die Bevölkerung dieser Berichterstattung gegenüber nun kritischer eingestellt.

Die Mehrheit der Venezolaner wählt ihre Informationsquellen mittlerweile sehr selektiv aus. Ich möchte diesen Sachverhalt mit der übertriebenen Einnahme von Antibiotika vergleichen: Irgendwann entwickelt sich eine Resistenz.

derStandard.at: Sind im Verlauf von Chavez' fünfjähriger Amtszeit Änderungen in der Medienlandschaft zu beobachten?

Márquez Marin: Durchaus. Es gibt eine Vielzahl von neuen Zeitungen mit kleiner Auflage, es gibt kommunale Radios und Fernsehprogramme und sogar Netzwerke, die während des Staatsstreichs im April 2002 bestens funktionierten.

Als die privaten Fernsehkanäle für 48 Stunden die aktuelle Berichterstattung einstellten, haben sich die Leute landesweit auf anderen Wegen informiert und sind gegen die Verletzung der Verfassung auf die Straße gegangen. Das Internet hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.

derStandard.at: Es gab auch Proteste gegen das neue Mediengesetz - wie stehen Sie dazu?

Márquez Marin: Es ist ein Gesetz über die soziale Verantwortung der Medien geplant. Einige Medieneigentümer haben in diesem Zusammenhang von einer Einschränkung der Pressefreiheit gesprochen. Das Gesetz soll aber bloß das verfassungsgemäße Recht auf wahrheitsgetreue Information und das Recht auf Gegendarstellung sicherstellen. Falls also ein Medium Falschinformationen verbreitet, so muss es den Betroffenen möglich sein, in gleichem Umfang auf die Anschuldigungen zu antworten.

derStandard.at: Wie ist der Staat gegen die Protagonisten des Staatstreichs im April 2002 vorgegangen?

Márquez Marin: Die Mehrheit des obersten Gerichts hat sich für einen Freispruch für die Putschisten entschieden und will nicht von einem Staatsstreich sprechen.

Das Justizsystem besteht leider zum Großteil noch aus Vertretern des alten Regimes, es ist in diesem Bereich noch zu keinen grundlegenden Veränderungen gekommen. So hat zum Beispiel ein guter Teil der Staatsanwälte den Staatstreich unterstützt. Wie sollen diese Leute gegen die Putschisten vorgehen?

Gegen gewisse terroristische Aktivitäten wie die Anschläge auf das kolumbianische Konsulat, auf die Botschaft Spaniens und die Residenz der algerischen Botschafterin wird allerdings vorgegangen.

derStandard.at: Wie steht die venezolanische Regierung zur neuen Außenpolitik Brasiliens unter Präsident Luiz Inácio "Lula" da Silva?

Márquez Marin: Wir haben große Erwartungen. Die Verbindungen zwischen den beiden Ländern sind enger geworden, was von unserer Seite allerdings schon länger betrieben wird. Präsident Chavez' erste Reise führte nach Brasilien, wo damals noch Cardoso im Amt war, um die Integration der brasilianischen und venezolanischen Ölindustrie voranzutreiben.

Seit dem Amtsantritt Lulas hat sich dieser Prozess beschleunigt. In Südamerika nimmt die Hoffnung auf eine Wirtschaftsachse Argentinien-Brasilien-Venezuela zu. Venezuela ist soeben in das Mercosur-Handelsabkommen aufgenommen worden, vor drei Wochen wurde in Caracas eine Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zu Argentinien vereinbart.

Im September findet eine große Verhandlungsrunde mit Brasilien statt und es ist eine intensive Zusammenarbeit geplant, die zu einer südamerikanischen Integration führen soll.

derStandard.at: Wie ist die Position Venezuelas zur amerikanische Freihandelszone ALCA (englisch FTAA, Anm.)?

Márquez Marin: Venezuela und Brasilien lehnen beide die ALCA in ihrer derzeit geplanten Form ab, weil diese für Lateinamerika nur Nachteile bringen würde.

Zwischen dem Führer der Weltwirtschaft und den lateinamerikanischen Staaten mit ihren bescheidenen Volkswirtschaften kann es unter gegebenen Umständen keine Chancengleichheit geben. Besonders die US-amerikanische Subventionspolitik im Agrarbereich schafft hier enorme Probleme.

Unser Alternativvorschlag zur ALCA ist die ALBA - "Alternativa Bolivariana para las Américas". Wir befürworten einen Zusammenschluss lateinamerikanischer Staaten wie die Europäische Union. Dieser muss die Asymmetrie zwischen den Volkswirtschaften von Staaten wie Brasilien und Bolivien berücksichtigen, wenn er funktionieren soll.

Wenn eine Supermacht eine politisch-ökonomische Hegemonie ausübt, wird es in absehbarer Zukunft wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommen. Der Weltfrieden hängt vom Gleichgewicht zwischen den Wirtschaftsblöcken ab.

derStandard.at: Wie realistisch sind Spekulationen auf ein Freihandelsabkommen mit der EU?

Márquez Marin: Wir wären dazu bereit. Derzeit laufen getrennte Verhandlungen zwischen Mercosur und den Andenstaaten und der EU. Wir setzen große Hoffnungen in den Lateinamerika-EU-Gipfel, der 2006 hier in Wien stattfinden wird. Für uns war die Beziehung zu Europa immer sehr wichtig.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass dieses Interesse von europäischer Seite nicht in gleichem Maße erwidert wird, weil die EU derzeit der Konsolidierung ihrer Wirtschaft und anderen Märkten mehr Aufmerksamkeit schenkt. Dabei könnten wir viel voneinander lernen. Das Schema, dass Lateinamerika zum Hinterhof der USA gehört und Europa deswegen dort nichts verloren hat, muss zerbrochen werden.

derStandard.at: Glauben Sie, dass die Problematik der Agrarsubventionen lösbar ist?

Márquez Marin: Man kann nicht von uns verlangen, die subventionierten europäischen Produkte ins Land zu lassen, während uns gleichzeitig diese Subventionen untersagt werden. Man muss ehrliche Handelsbedingungen herstellen. Leider ist bei dieser Debatte kein großer Fortschritt zu beobachten, auch nicht nach der letzten WTO-Runde.

derStandard.at: Auf dem Weltsozialforum 2003 in Porto Alegre hat Präsident Chávez die Einführung der "Tobin Tax" (Steuer auf alle Devisentransaktionen) in Venezuela angekündigt. Wurden Schritte in diese Richtung unternommen?

Márquez Marin: Die Absicht besteht weiter, wurde aber noch nicht umgesetzt. Wir haben allerdings angesichts des Streiks in der Ölindustrie andere Maßnahmen gegen die Kapitalflucht ergriffen. Diese Mechanismen haben ihre Aufgabe erfüllt, die Devisenreserven haben sich mittlerweile erholt. Die Differenz zwischen dem offiziellen Wechselkurs und dem Schwarzmarkt ist mittlerweile nicht mehr besonders groß.

derStandard.at: Ebenfalls in Porto Alegre hat Chávez die Gründung einer "lateinamerikanischen OPEC" angedacht. Ist diese Idee noch aktuell?

Márquez Marin: Es sind wichtige Schritte in diese Richtung unternommen worden. Die Idee "Petroamerica" reicht weiter als die OPEC. Es soll kein Zusammenschluss ölfördernder Länder, sondern eine Kooperation zwischen Unternehmen im Erdöl- und Gasbereich werden, um die Förderung, Verarbeitung und Vertrieb von Erdöl und –gas sowie anderer Energieformen zu fördern.

Venezuela hat einen wichtigen Einfluss auf die OPEC ausgeübt: Die OPEC ist ein Beispiel für eine funktionierende Süd-Süd-Kooperation, ein stabiler Ölpreis schafft Vertrauen auf Seiten der Investoren, die Glaubwürdigkeit, die die OPEC fast schon verloren hatte, ist wiederhergestellt.

Die Interimsregierung Pedro Carmonas wollte einen Austritt Venezuelas aus der OPEC und eine Aufhebung der Förderlimits, um den Markt zu überschwemmen und dadurch die Preise zu senken, was zu einer Zerstörung der OPEC geführt hätte.

Der derzeitige hohe Ölpreis ist nicht auf ein mangelndes Angebot zurückzuführen, sondern hat geopolitische Gründe, und die Spekulanten leisten natürlich auch ihren Beitrag. Wir schlagen deshalb ein neues, realistischeres Preisband vor, weil Erdöl unserer Meinung nach immer noch zu billig gehandelt wird.

Man darf nicht vergessen, dass der Großteil des Treibstoffpreises hier aus Abgaben besteht. Der Einfluss des Rohölpreises auf den Endverbraucherpreis ist minimal. Die Gesellschaft muss sich bewusst werden: die OPEC wird hier zu Unrecht beschuldigt.

Wenn es die OPEC nicht gäbe, würden die Preise von der Privatwirtschaft festgelegt, was zu noch größeren Preisschwankungen führen würde.

derStandard.at: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Erfolge der Regierung Chávez und was hätte besser gemacht werden können?

Márquez Marin: Es gibt immer unzählige Dinge, die man besser machen hätte können.

Zu den Erfolgen: Wir haben eine friedliche Veränderung des politischen Systems erreicht, die Bevölkerung hat aktiv an der Ausarbeitung der neuen Verfassung mitgearbeitet.

Die wichtigsten Bestandteile unseres Projekts "Quinta Republica":

Die Ölvorkommen gehören der Nation. Die Ausbeutung der Ölvorräte ist für die Privatwirtschaft offen, allerdings unter der Bedingung, dass die Bodenschätze nicht der persönlichen Bereicherung, sondern der Entwicklung des Landes dienen.

Auf wirtschaftlicher Ebene haben wir viel erreicht: Die venezolanische Volkswirtschaft hat sich grundlegend erholt, was natürlich in nicht zu unterschätzendem Maß auf die Erholung der Ölpreise zurückzuführen ist. Die makroökonomischen Indizes zeigen aber einen nachhaltigen Aufschwung an, der durch den Aprilputsch und den Ölstreik nur kurz unterbrochen wurde.

Als Präsident Chávez sein Amt antrat, waren die Devisenreserven auf einem kritisch niedrigen Stand, mittlerweile haben sie sich erholt. Die Inflation stabilisiert sich bei einem Wert unter zwei Prozent pro Monat. Venezuela ist für internationale Investoren zu einem der attraktivsten Länder Lateinamerikas geworden. Die spanische Zeitung "El Pais" schreibt von einer "spektakulären Erholung".

derStandard.at: Was unternimmt Venezuela gegen die Abhängigkeit vom Ölpreis?

Márquez Marin: Wir wollen die Aluminium-, Stahl- und Tourismuswirtschaft ankurbeln. Das Problem war, dass die bisherigen neoliberalen Regierungen gemäß ihrem Motto "Die beste Wirtschaftspolitik ist keine Wirtschaftspolitik" die Kleinbetriebe vernachlässigten. Wir haben ein System von Mikrokrediten geschaffen, die eine endogene Entwicklung ermöglichen sollen. Wir wollen allerdings nicht unsere Grenzen schließen, um uns unabhängig von der Weltwirtschaft zu entwickeln.

derStandard.at: Welche sozialpolitischen Maßnahmen wurden ergriffen?

Márquez Marin: Wir die so genannten "Misiones" ins Leben gerufen, um die Lebenssituation der breiten Masse der Venezolaner zu verbessern.

Die wichtigsten sind die "Mision Robinson", durch die fast alle der vorher drei Millionen Analphabeten im Land Lesen und Schreiben gelernt haben, die "Mision Vuelvan Caras", die die Klein- und Mittelbetriebe fördert und dadurch Arbeitsplätze schafft, die "Mision Rivas", die es Jugendlichen ermöglicht, ihren Schulabschluss nachzuholen.

Wir haben die "Bolivarianische Universität" geschaffen, die eine neue Art von Akademikern hervorbringen soll, denen es nicht nur um ihr eigenes wirtschaftliches Wohlergehen geht.

In diesem Zusammenhang muss die "Mision Barrio Adentro" erwähnt werden, die die medizinische Grundversorgung in den Armenvierteln rund um die venezolanischen Städte sicherstellen soll. Kuba hat uns dabei mit zehntausend Ärzten unterstützt, was zu heftiger Kritik führte: "Warum Kubaner ins Land bringen, wenn es so viele einheimische Mediziner gibt?" Die Antwort ist, dass diese venezolanischen Ärzte sich weigerten, die Armenviertel zu betreten, wo es nichts zu verdienen gab!

derStandard.at: Diese Sozialprogramme stehen im Widerspruch zu den von der WTO überall auf der Welt forcierten Sparprogrammen. Wie sollen sie finanziert werden?

Márquez Marin: Das neoliberale Schema besagt, dass sozialer Fortschritt ein gesundes Wirtschaftswachstum voraussetzt. Das ist eine große Lüge: Das Wirtschaftswachstum ist nur ein Indikator, der besagt, dass sich Kapital vermehrt. In Venezuela hat die Bevölkerung bisher kaum vom Wirtschaftswachstum profitiert.

Im Zentrum unserer Politik steht der Mensch: Die Wirtschaft ist nur ein Mittel, um Wohlstand für die Bevölkerung zu ermöglichen.

Für die Neoliberalen sind Sozialprogramme das Rettungsauto, das die Leichen aufliest, die der wirtschaftliche Kampf am Wegesrand liegen lässt. Für uns, die wir an eine solidarische, nachhaltige und partizipative Wirtschaft glauben, ist die Lage umgekehrt: Sozialprogramme machen ein Wirtschaftswachstum erst möglich.

Wir wollen ein Modell schaffen, das Anreize für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung möglich macht, gleichzeitig aber Gleichberechtigung und sozialen Fortschritt sichert. Um es in wenige Worte zu fassen: "Soviel Markt wie möglich, soviel Staat wie nötig."

Quelle

Cuba-Reiseinfos
avenTOURa


 Antworten

 Beitrag melden
28.09.2004 03:19
avatar  ( Gast )
#2 RE:Erfolge, Misserfolge und Perspektiven der Regierung Chavez
avatar
( Gast )

Hallo, ich bin neu in diesem Forum und muß erstmal sehen, wie ich im Gebrauch dieser Seite hier zurechtkomme. Auch ich bin ein Freund der Bolivarianischen Revolution in Venezuela. Aber ich bin auch kritisch gegenüber Hugo Chávez. Ja, unter seiner Präsidentschaft hat das venezolanische Volk erstmals Möglichkeiten im sozialen und kulturellen Bereich , die es vorher niemals hatte. Ich bin auch immer begeistert, wenn ich mir bei Venpres die Fotos von den Massendemonstrationen ansehe usw. Allerdings hat Chávez meines Erachtens zuviele Illusionen in das bürgerliche parlamentarische System, also in den Kapitalismus. Wenn er den Kapitalismus nicht beseitigen will, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Reaktionäre erneut versuchen werden, ihn und die Bolivarianische Rev. zu beseitigen. Würde er mit Hilfe der Massen die Diktatur des Proletariats, also den Sozialismus einführen/aufbauen, hätte er nicht soviele Probleme mit der "Opposition" und ihrer Handlanger, denn sie hätte keine Macht mehr...
Was meinst Du / meint Ihr dazu?
MfG, Mirko


 Antworten

 Beitrag melden
Seite 1 von 1 « Seite Seite »
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!