"Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"

31.07.2007 14:50
#1 "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Forums-Senator/in

"Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"

Das Weiße Haus ist unfähig, eine flexiblere Haltung gegenüber Castros Kuba zu entwickeln. Dabei sind die US-Bürger mehrheitlich dafür, sagt die Politologin Julia Sweig

taz: Frau Sweig, was würde in Washington passieren, wenn Fidel Castro zurück an die Macht käme?

Julia Sweig: Nichts. Die USA haben ihre Kubapolitik überhaupt nicht geändert, obwohl Fidels Bruder Raúl das Steuer übernommen hat. Allerdings ist mit der neuen demokratischen Mehrheit im US-Kongress wieder ansatzweise eine Politikdebatte über Kuba eingezogen.

Warum hat die US-Regierung ihre Haltung zu Kuba nach Fidels Rückzug vor einem Jahr keinen Millimeter verändert?

Weil wir Kuba nicht verstehen. Wir nehmen an, dass in Kuba keine Politik stattfindet. Wir glauben das, nur weil es ein repressives Ein-Partei-Regime ist. Doch die kubanische Regierung besitzt zu Hause immer noch eine gewisse Legitimität. Und Castro und seine Garde sind Politiker, die ihr Volk sehr gut verstehen. Sie sind meisterhaft darin, mit Erwartungen und Stimmungen der Bevölkerung umzugehen. Daher gab es nach dem Rückzug Castros auch keine Unruhen. Wir Amerikaner haben feststellen müssen, dass die Kubaner auch ohne den Máximo Líder gut klarkommen.

Woran liegt das? Nur an der Unterdrückung? Oder auch an der Skepsis der Kubaner gegenüber allem, was nach dem Castro-System kommen kann?

Nach Castros Erkrankung war die Stimmung keineswegs so, dass sich die Leute sagten: Jetzt hat der alte Hexenmeister endlich das Haus verlassen, lasst uns zum Aufstand blasen. Das rührt einerseits aus einer irgendwie gearteten persönlichen Beziehung her, die viele Kubaner zum Máximo Líder haben. Selbst bei jenen, die ihn hassen. Dann ist da sicherlich auch die Angst vor dem Geheimdienst sowie ein tief sitzender Konservatismus, der kaum jemanden nach schnellen, großen Veränderungen lechzen lässt. Der Kollaps der Sowjetunion und dessen Folgen hat nur wenig Lust darauf gemacht.

Müssen die Kubaner Angst vor den USA haben, zum Beispiel vor den milliardenschweren Forderungen enteigneter Exilkubaner nach Rückübertragung und Entschädigung?

Das in den USA gültige Helms-Burton-Gesetz besagt, dass Enteignete vor US-Gerichten auf Rückübertragung ihres früheren Besitzes klagen können. Aber genau dieser Paragraf wird im Kongress seit zehn Jahren alle sechs Monate erneut für ausgesetzt erklärt. Der Gesamtwert der verstaatlichten Besitztümer auf Kuba ist so gigantisch, dass Kuba die ehemaligen Besitzer mit keinem Megakredit des Währungsfonds entschädigen könnte. Käme es zu einer Annäherung zwischen Washington und Havanna, sehe ich nicht, dass die US-Regierung die Immobilienfrage als Priorität behandeln würde. Denn das würde einen Dialog von Anfang an behindern.

Wie könnte nach Jahrzehnten des Kalten Kriegs eine Annäherung zwischen den USA und Kuba überhaupt aussehen?

Unilateral. Die USA müssen auf Kuba zugehen, anders wird es nicht gehen. Seitdem Venezuela Kuba unterstützt, floriert die kubanische Wirtschaft. Gegenwärtig wächst sie um erstaunliche acht Prozent. Die Botschaft ist, Kuba braucht die USA gar nicht. Das verringert auf der Insel natürlich die Kompromissbereitschaft sehr stark.

Die Vereinigten Staaten haben sich zwischenzeitlich selbst gegenüber Nordkorea flexibler und versöhnlicher verhalten als gegenüber Kuba. Ist es denn sinnvoll, wenn die US-Regierung gegen Kuba noch immer den Kalten Krieg fortführt?

Unsere Strategie gegenüber Kuba ist ein totaler Flopp: Die US-Sanktionen sind erfolglos, Kuba handelt mit und unterhält diplomatische Beziehungen zu rund 160 Ländern. Dafür haben wir keinerlei positive Einflussmöglichkeiten auf die Insel vor unserer Haustür. Im Gegenteil. Mit unserem Druck befähigen wir das Regime sogar, sich mit einer nationalistischen Selbstschutzrhetorik zu legitimieren. Dabei wäre es im ureigensten US-Interesse, mit all unseren Nachbarn Handel zu treiben und Tourismus zu pflegen.

Wenn der US-Kongress eine neue Kuba-Strategie entwickeln würde - hätte die Politik die Unterstützung der US-Bevölkerung?

Aber ja. Jüngsten Umfragen zufolge sind 55 bis 65 Prozent der US-Bürger für eine Annäherung an Kuba. Aber von der Bush-Regierung ist in dieser Hinsicht gar nichts mehr zu erwarten.

Warum? Die einst so einflussreiche Lobby der Exilkubaner in Florida ist doch längst zerstritten.

Sowohl die demokratische als auch die republikanische Partei sind unverständlicherweise weiterhin der Ansicht, dass ohne den Segen der Hardliner keine neue Kuba-Politik zu machen sei. Dabei hat Fidel Castros Krankheit die Gemeinden in Miami ziemlich gespalten. Außerdem findet dort gerade ein Generationenwechsel statt. Für die Jüngeren hat der Boykott Kubas einfach keine Priorität mehr.

JULIA SWEIG leitet die Lateinamerika-Abteilung des US-amerikanischen Council for Foreign Relations, eines regierungsnahen Think-Tanks. Letztes Jahr erschien ihr Buch "Friendly Fire: Losing Friends and Making Enemies in the Anti-American Century" (PublicAffairs). 2002 hat sie die kubanischee Revolution neu gedeutet: "Inside the Cuban Revolution: Fidel Castro and the Urban Underground" (Harvard University Press).

INTERVIEW: ADRIENNE WOLTERSDORF


http://www.taz.de/index.php?id=start&art...Hash=3574589d34

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31.07.2007 15:01
avatar  greenhorn ( gelöscht )
#2 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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greenhorn ( gelöscht )

Flopp?

Ich glaube seit dem Fosbury-Flop schreibt man es nur mit einem p


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31.07.2007 16:17 (zuletzt bearbeitet: 31.07.2007 16:55)
avatar  seizi
#3 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Rey/Reina del Foro
Zitat von greenhorn
Flopp?
Ich glaube seit dem Fosbury-Flop schreibt man es nur mit einem p




Greenhorn, der wandelnde Duden.

Aber Recht hat er.



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31.07.2007 16:33
#4 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Rey/Reina del Foro

Erstaunlich klare Einschätzung der Lage durch Mrs. Sweig. Dass unter Bush und Fidel keine Änderungen mehr zu erwarten sind, ist ja klar. Frage ist nur, ob ihre Nachfolger bereit sind, den Einfluss der Gusanos bzw. Hardliner zurückzudrängen und pragmatisch miteinander zu verhandeln.
In China sind ja auch nicht gerade die Menschenrechte ausgerufen worden und trotzdem haben sie blendende wirtschaftliche Beziehungen zur westlichen Welt.


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31.07.2007 16:52
avatar  seizi
#5 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Rey/Reina del Foro


Die Amis sollen bloss bleiben, wo sie sind.

Wie im Beitrag auch erwähnt schaffen es die Kubaner auch ohne diese grosskotzigen ***





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31.07.2007 19:52
avatar  Pille
#6 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Cubaliebhaber/in

In Antwort auf:
In China sind ja auch nicht gerade die Menschenrechte ausgerufen worden und trotzdem haben sie blendende wirtschaftliche Beziehungen zur westlichen Welt.



Ich glaube, China und Kuba sind zwei verschiedene Paar Stiefel. In Bezug auf Kuba sind die Amis als notorisch schlechte Verlierer schwer traumatisiert: Da gibt es so eine kleine Insel gleich vor ihrer Haustür, welche sich standhaft weigert, nach ihrer Pfeife zu tanzen. Und dazu sind es noch Kommunisten! Und dann haben diese Kommunisten es noch gewagt, den Amis in der Schweinebucht eine Niederlage zuzufügen! Das dürfte für 100 Jahre Groll reichen.
Und um mit den Kubanern pragmatisch und von Gleich zu Gleich zu verhandeln, müssten die Amis ihr arrogantes Gehabe überwinden. Ob einer nächsten Administration das gelingt?
Kommt dazu die bekannte Doppelmoral der Amis (China, Saudi-Arabien etc. = wichtige Geschäftspartner, ergo völlig egal, was dort mit den Menschenrechten passiert). Es ist leichter, auf den Kleinen herumzuhacken.


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31.07.2007 23:47
#7 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Pille
Kommt dazu die bekannte Doppelmoral der Amis (China, Saudi-Arabien etc. = wichtige Geschäftspartner, ergo völlig egal, was dort mit den Menschenrechten passiert).
Wenigstens das passt ja bereits: Auch FC ist es ja egal, mit wem er politisch und wirtschaftlich sympathisiert, Hauptsache, es nützt ihm - in Bezug auf China setzt das sein Bruderherz Schritt für Schritt um, der war ja nicht umsonst öfter dort...Und Ziehsohn Chavez macht's noch viel offener vor, siehe Iran

Toleranz als gesellschaftliche Tugend wird meist von denen gefährdet, die unter ihren Schutz fallen...

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01.08.2007 09:43
avatar  Pille
#8 RE: "Bushs Kuba-Politik ist ein Flopp"
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Cubaliebhaber/in

Klar, der Fidel, die Chinesen etc., sie alle handeln mit jedem, sofern es ihnen nützt. Ist ja eigentlich normal.
Das tun die meisten.

Aber im Gegensatz dazu treten die Amis als grosse Moralprediger auf und verlangen von einigen ausgewählten, vorwiegend kleineren Ländern, deren Politik ihnen nicht in den Kram passt, die Einhaltung von Menschenrechten und Demokratie, welche ihnen im Falle anderer Länder völlig Wurst ist. Es ist diese Willkür und Doppelbödigkeit, welche mich an den Amis stört.

Ich darf vielleicht noch anfügen, dass auch mein Land vor ca. 12 Jahren finanziell von den Amis erpresst worden ist (Demokratie etc. verleiht also keinen absoluten Schutz). Und bei uns gibt es einen gewissen automatischen Reflex gegen arrogantes Grossmachtsgetue. Das erklärt Dir, warum ich so reagiere und mit dem kleinen Kuba sympathisiere, welches dem Rüpel im Norden widersteht. Dabei bleibt unbestritten, dass der Sozialismus als Wirtschaftssystem nicht funktioniert, aber das ist eine andere Sache.


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