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18.09.2004 15:47 (zuletzt bearbeitet: 18.09.2004 15:48)
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#1 aus: spiegel.de: Embargo
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Cubaliebhaber/in

Kuba

Die Mauer aus Wasser

Auflagen für US-Touristen, Strafen gegen Handelspartner in Europa: Das Regime von Alt-Revolutionär Fidel Castro sieht sich durch ein verschärftes US-Embargo unter Druck gesetzt.



Die beiden Herren in der Frühstückshalle des Hotel Nacional in Havanna möchten ihre Namen nicht nennen, fotografieren lassen sie sich erst recht nicht. "Wir kriegen sonst Probleme mit der Regierung", sagt der sonnengebräunte Amerikaner, der sich schlicht als Bill vorstellt. "Eigentlich dürften wir nicht hier sein", ergänzt sein Freund. "Der Präsident hat uns die Reise verboten."

Der Präsident der Vereinigten Staaten, versteht sich. Denn Kubas Staatschef Fidel Castro hat nichts gegen US-Touristen. Sie spülen schließlich Dollars in die kubanische Staatskasse. Neuerdings trauen sich indes kaum noch Amerikaner nach Havanna, denn Washington droht seinen Bürgern mit hohen Strafen. "Unsere Regierung unterstützt Diktaturen in aller Welt, aber nur gegen Castro holt Bush die große Keule raus", grollt Bill.

Dabei will der Lehrer aus Los Angeles sich nur mal ansehen, was aus der Insel geworden ist, die angeblich eine Gefahr für die Sicherheit der westlichen Hemisphäre darstellt. Auf Hemingways Spuren wandeln, einen Mojito schlürfen, hübschen Kubanerinnen auf den Po gucken - mehr hat er nicht im Sinn. Doch das gilt in seiner Heimat als Verbrechen.

Reisen nach Kuba müssen vom US-Finanzministerium genehmigt werden. Früher drückte Washington ein Auge zu: 40 Prozent der 85 000 US-Bürger, die im vergangenen Jahr Kuba besuchten, reisten illegal ein. Jetzt hat die Regierung angekündigt, dass sie die Kontrollen verschärfen will. Zwischen Washington und Havanna ist die Stimmung wieder so frostig wie zu den schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges.

In einem 423 Seiten dicken Dokument schrieb die US-Regierung auf, wie sie Castro stürzen will. "Das ist mein Baby", brüstet sich der kubastämmige Otto Reich, geistiger Autor des Machwerks. Als Lateinamerika-Beauftragter der Bush-Regierung wurde der Konservative zwar abgelöst, aber in der Kuba-Politik zieht der auf der Castro-Insel als "Terrorist" bezeichnete Ex-Offizier weiterhin die Fäden.

Zehn US-Präsidenten hat der Comandante erlebt, seit er vor 45 Jahren in Havanna einmarschierte. Alle versuchten, den Revolutionsführer zu beseitigen. Der Máximo Líder überlebte eine bewaffnete Invasion, über hundert Mordversuche und die längste Wirtschaftsblockade der Nachkriegsgeschichte. Doch nun zieht George W. Bush die Schraube weiter an.

"Bush versucht, unsere Revolution zu ersticken", sagt Rafael Dausa, Direktor der Nordamerika-Abteilung im kubanischen Außenministerium. "Seit seinem Amtsantritt verspüren wir nur Feindseligkeit."

Das trifft auch die US-Touristen: Zwei amerikanische Segler wurden jüngst verhaftet, weil sie Regatten zwischen Florida und Kuba veranstalteten. Medizinstudenten, die bislang Ausnahmegenehmigungen für vierwöchige Praktika in kubanischen Krankenhäusern erhielten, dürfen künftig nur eine Woche im Feindesland bleiben. Doch das sind allenfalls lästige Lappalien im Vergleich zu den Folgen, die Bushs Konfrontationskurs für die Kubaner hat.

Am Flughafen von Havanna spielen sich herzzerreißende Szenen ab, wenn Einheimische ihre Verwandten aus Miami verabschieden. "Die Politiker haben eine Mauer aus Wasser errichtet", klagt der Arzt Raúl García, 42, während er weinend seine Tochter an die Brust drückt. Seine Ex-Frau war mit dem Mädchen vor zehn Jahren auf einem Floß nach Florida geflohen, anschließend kam die Kleine jedes Jahr zu Besuch. Jetzt erlaubt die US-Regierung nur noch eine zweiwöchige Reise - alle drei Jahre.

"Die Verschärfung des Embargos hilft nur einem: Fidel Castro", sagt ein westlicher Diplomat in Havanna. Auch die exilkubanische Gemeinde in Florida ist gespalten: Den Alten, die zu Beginn der Revolution von der Insel flüchteten, ist jedes Mittel recht, um Castro zu stürzen. Doch die jüngere Generation tritt für einen friedlichen Wandel ein.

In Havanna hat man die atmosphärische Wende registriert. "Die Zeit spielt gegen die Radikalen", frohlockt Außenpolitiker Dausa, "sie sind jetzt in der Minderheit." Diskret knüpft die Regierung Kontakte zu den gemäßigten Vertretern der Florida-Kubaner. Im Mai besuchte Staatschef Castro überraschend die jährliche Emigrantenkonferenz in Havanna. Dort traf er einen Gegner, den er 22 Jahre lang als Staatsfeind Nummer eins im Gefängnis schmoren ließ: Eloy Gutiérrez Menoyo, 69.

Der gebürtige Spanier ist eine lebende Legende unter den Exilkubanern. In den fünfziger Jahren kämpfte er an der Seite von Fidel Castro für die Revolution. Nach seinem Sieg bot Castro ihm ein Ministeramt an, doch Menoyo wandte sich enttäuscht ab: Der prosowjetische Kurs der neuen Machthaber gefiel ihm nicht.



Gutiérrez Menoyo zettelte mehrere Aufstände gegen sein einstiges Idol an, schließlich ging er ins Exil nach Miami. Dort trainierte er die Gruppe "Alpha 66", eine Organisation von Anti-Castro-Kämpfern. Beim Versuch, mit drei Offizierskollegen gegen die Revolution zu kämpfen, wurde er verhaftet und zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. 1986 durfte er nach Spanien ausreisen, nachdem sich Regierungschef Felipe González für die Freilassung Menoyos eingesetzt hatte.

Fidel Castro ließ seinen ehemaligen Weggefährten erst zu Verwandtenbesuchen wieder einreisen, zuletzt kam er vor einem Jahr nach Havanna. Vor dem Rückflug nach Miami teilte er plötzlich seiner verblüfften Frau mit: "Ich bleibe hier und kämpfe für eine neue Revolution."

Besucher empfängt Gutiérrez Menoyo seither in der bescheidenen Wohnung seiner Schwester im Stadtteil Vedado. Er ist nahezu blind, doch immer noch glüht in ihm das Feuer des Rebellen. Seine Gruppe "Cambio Cubano" kämpft für eine unabhängige Opposition: "Das Land steht am Abgrund, wir brauchen dringend eine nationale Versöhnung." Nach 45 Jahren seien viele Rechnungen offen: "Castro hat den Schlüssel in der Hand, um den Hass abzubauen. Er sollte einen friedlichen Übergang einleiten."

Offiziell findet Menoyo kein Gehör. Doch er pflegt Kontakte mit Regierungsvertretern, vor zwei Jahren wurde er sogar von Castro empfangen. Es hilft, dass er sich von den anderen Dissidenten fern hält: "Das ist ein Minenfeld. Viele werden von den USA finanziert oder spitzeln für den kubanischen Geheimdienst."

In Havanna ist es ein offenes Geheimnis, dass Washington manche der Castro-Gegner hofiert. US-Vertreter James Cason verteilte Radios, mit denen sie den US-Propagandasender Radio Martí hören können, er lud sie zu Versammlungen in seine Residenz ein und verschaffte ihnen Zugang zum Internet. Westliche Diplomaten räumen ein, dass Cason damit die Grenzen seiner Privilegien überschritten hat: "Der ist stolz darauf, dass er hier Politik macht."

Die Nadelstiche gegen das Regime zeigten Wirkung. Im vorigen Jahr ließ Castro 75 Opponenten verhaften, weil sie auch in der Wohnung des Amerikaners ein- und ausgingen. Die Europäische Union fror daraufhin die kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Havanna ein.

Jetzt hofft Brüssel auf Tauwetter. In Lateinamerika erlebt Castro seit längerem ein diplomatisches Comeback: Argentiniens Präsident Néstor Kirchner wird demnächst nach Kuba fahren, Venezuelas Hugo Chávez versorgt die Insel mit Öl. Brasiliens Staatschef Luiz Inácio da Silva will Kuba sogar in die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zurückholen, nachdem die Mitgliedschaft des Sozialisten-Eilands auf Druck der USA 1962 eingefroren worden war.

Die Solidarität unter den Latinos verdankt Castro vor allem den Rambo-Allüren Bushs: Denn der amerikanische Goliath entfesselte einen unerklärten Wirtschaftskrieg gegen das kubanische Regime. Geld dürfen die Miami-Kubaner nur noch an direkte Verwandte überweisen, der Tagessatz für Besucher wurde von 150 auf 50 Dollar herabgesetzt. Gleichzeitig spürt Washington den internationalen Finanztransaktionen der Kubaner nach. Ausländische Banken, die Havanna bei der Abwicklung von Devisengeschäften helfen, werden häufig mit Sanktionen bestraft. "Wir werden behandelt wie Geldwäscher und Drogendealer", klagt Amerika-Spezialist Dausa.

Viele Kubaner fürchten, dass eine neue Versorgungskrise wie Anfang der neunziger Jahre bevorsteht. Damals stellte die Sowjetunion ihre Wirtschaftshilfe für den einstigen Verbündeten ein. In einzelnen Stadtvierteln wird schon wieder täglich für mehrere Stunden der Strom abgestellt, weil Energie knapp ist.

Erstmals geht Washington gegen den Tourismus vor, Kubas wichtigsten Devisenbringer. Dem jamaikanischen Konzern SuperClubs, der mehrere Hotels eröffnen wollte, wurde mit der Schließung seiner Anlagen in den USA gedroht - verschreckt zogen sich die Interessenten aus Kuba zurück.

Auch unter europäischen Unternehmern geht jetzt die Angst um. "Wer in Kuba investiert, bekommt Probleme mit den USA", sagt der Vertreter einer deutschen Firma in Havanna. Keine leere Drohung: Rund 60-mal verhängte Washington in diesem Jahr bereits Geldstrafen gegen Firmen, die kubanische Waren transportieren.

JENS GLÜSING


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18.09.2004 17:03 (zuletzt bearbeitet: 18.09.2004 17:07)
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#2 RE:aus: spiegel.de: Embargo
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( Gast )

In Antwort auf:
hübschen Kubanerinnen auf den Po gucken - mehr hat er nicht im Sinn

Na,das nenn ich mal einen wahren Naturkundler wie Alexander von Humboldt.


In Antwort auf:
In einzelnen Stadtvierteln wird schon wieder täglich für mehrere Stunden der Strom abgestellt, weil Energie knapp ist.

Eher immer noch und mehr...


In Antwort auf:
Dem jamaikanischen Konzern SuperClubs, der mehrere Hotels eröffnen wollte, wurde mit der Schließung seiner Anlagen in den USA gedroht - verschreckt zogen sich die Interessenten aus Kuba zurück.

Auch unter europäischen Unternehmern geht jetzt die Angst um. "Wer in Kuba investiert, bekommt Probleme mit den USA", sagt der Vertreter einer deutschen Firma in Havanna.



Ob die USA auch demnächst strenger gegen den größten Investor auf der Insel SolMelia/TRYP vorgehen wird?

http://www.solmelia.com/sol/reservations...Fechas=ADVANCED


Glückskekse

Yer Baby!


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18.09.2004 17:12 (zuletzt bearbeitet: 18.09.2004 17:15)
avatar  roncubanito ( gelöscht )
#3 RE:aus: spiegel.de: Embargo
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roncubanito ( gelöscht )

Man kann daran sehen, wie der mächtigste Staat der Welt unfähig und übertriebn reagiert, um Castro loszuwerden.

Keiner hat es bisher geschafft, also wird es auch die Intelligenzbestie Bush es nicht schaffen.
Denn Castro ist im IQ - mässig einfach zu überlegen.

Was mich stört ist diese Sch.... Eu Politik, die vor diesen Möchtegerncowboys den Schwanz einzieht.Alles Heuchler. Europa ist eben doch nur ein billiges Anhängsel an Bush´s A...

Mal sehen, wie der Superpräsident reagiert, wenn die Chinesen einfallen und die werden auch Hotels hochziehen.
Ob er denen auch mit Emabrgo droht. Wohl kaum, denn einen Riesenmarkt wie China werden sich die Burgerfresser nicht durch Sanktionen verbauen wollen.

Lang lebe Michale Moore!!!



Dirás que soy un soñador pero no soy el único


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18.09.2004 17:58
avatar  TJB
#4 RE:aus: spiegel.de: Embargo
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TJB
Top - Forenliebhaber/in

In Antwort auf:
Naturkundler wie Alexander von Humboldt.
Den Unterschied zwischen Mann und Frau
sieht man durchs Schlüsselloch ganz genau


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