Ein „abenteuernder Weltrevolutionär"

11.09.2008 11:35
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#1 Ein „abenteuernder Weltrevolutionär"
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Rey/Reina del Foro

Ein „abenteuernder Weltrevolutionär"

(hpd) Che Guevara ist auch und gerade heute „hip" und „in", findet man doch nicht selten sein Konterfei auf den T-Shirts Jugendlicher. Doch was wissen diese von der historischen Person, dürfte ihnen Che doch mehr Polit-Mythos und Pop-Ikone sein?



Über den realen Ernesto Guevara will das voluminöse Buch des Historikers und Journalisten Gerd Koenen mit dem Titel „Traumpfade der Weltrevolution. Das Guevara-Projekt" informieren. Im Unterschied zu den zahlreichen Veröffentlichungen, die Che romantisieren und verklären, will er ein differenziertes und vielschichtiges Bild der interessanten und komplexen geschichtlichen Figur zeichnen. Dabei soll die politische Absicht Guevaras, eine Revolution gegen die USA zu einem weltweiten Flächenbrand auszuweiten und dabei einen „neuen Menschen" als kollektives und selbstloses Individuum hervorzubringen, ernst genommen werden. Immerhin habe diese Auffassung auch das Denken der Achtundsechziger geprägt, für die nach Koenen Che ihr erster Held war und blieb.

Das Buch gliedert sich in 28 Kapitel, die primär das Leben und Wirken Guevaras beschreiben, aber auch lange Ausführungen ...

http://hpd.de/node/5261



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08.10.2008 15:07 (zuletzt bearbeitet: 08.10.2008 15:09)
#2 RE: Ein „abenteuernder Weltrevolutionär"
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Rey/Reina del Foro
aus der Rezension der FAZ von heute:
Zitat von Harald Biermann
Scharfrichter und Zuckerverteiler
Gerd Koenen entzaubert das Leben und das Nachleben von Ernesto "Che" Guevara

Nach der Lektüre des eindrucksvollen Buches von Gerd Koenen wird sich hoffentlich jeder klar denkende Mensch davor hüten, im modischen Che-Look auf die Straße zu treten. Denn Ernesto Guevara kann als historische Gestalt aus Fleisch und Blut nur irgendwo zwischen Felix Dserschinski und Kim Il-Sung verortet werden - also zwischen kaltblütigem Massenmörder und kommunistischem Steinzeitideologen. Dass sich Koenen, der selbst ein Jahrzehnt auf den "Traumpfaden der Weltrevolution" gewandelt ist, dieses schwierigen Themas angenommen hat, ist ein Glücksfall. Der ehemalige Maoist, der sich zwischenzeitlich zu einen profunden Kenner der Zeitgeschichte gewandelt hat, weiß um die Anziehungskraft Ches aus eigenem Erleben - wohlgemerkt: des idealisierten und auch kanonisierten Revolutionärs argentinischer Herkunft, der in Castros Kuba unmittelbar nach seiner Ermordung am 9. Oktober 1967 zu einem "sozialistischen Übermenschen der Zukunft" erhoben worden ist.
Wie bei allen Heiligengeschichten bedarf es einigen Spürsinns und auch eines gerüttelt Maß an historischer Skepsis, um sich der realen Person zu nähern. Dies umso mehr, wenn eine gesamte Ideologie mit totalitärem Weltverbesserungsanspruch sich dieser Gestalt bemächtigt hat. Kurzum: Es ist für jeden Historiker mühsam, sich durch das Dickicht der Legenden und Mythen zu schlagen, die sich um Ernesto Guevara ranken. Doch Koenen hat sowohl mit Tatkraft als auch mit Feinsinn einen Weg gebahnt, der uns aus heutiger Sicht nah an die historische Person heranführt. Geschickt verknüpft er die biographische Hauptlinie des Buches mit zwei anderen Erzählsträngen: den revolutionären Lebensläufen von Fidel Castro und Tamara Bunke.
(...)
Gewiss hatte er sich früh zum Stalinismus bekannt und hielt auch nach der einsetzenden Entstalinisierung an seiner Bewunderung für einen der größten Menschenschlächter der Weltgeschichte fest. Doch seine eigentliche Bestimmung fand er erst im Krieg. Pablo Neruda, einem seiner Säulenheiligen, gestand er im Winter 1960/61: "Der Krieg . . . der Krieg . . . Wir sind immer gegen den Krieg, aber wenn wir einmal Krieg geführt haben, können wir nicht mehr ohne Krieg leben. Wir wollen alle Augenblicke zu ihm zurückkehren." Der Schriftsteller erschauderte, denn hier war kein Großsprecher am Werk, sondern der bereits legendäre Commandante, der maßgeblich zum Sieg der kubanischen Revolution beigetragen hatte. Wie so oft in seinem kurzen Leben meinte Che, was er sagte. In einem späteren Brief an seine Eltern bezeichnete er sich selbst folgerichtig als "kleinen Condottiere des zwanzigsten Jahrhunderts". Der Krieg war ihm zur zweiten Natur geworden.
(...)
Es ist eine Stärke des Buches, dass das Nachleben Ches als Revolutionsikone ausdrücklich gewürdigt wird. Koenen beschreibt luzide, wie der Mythos offensiv eingesetzt worden ist - oftmals für völlig entgegengesetzte Ziele. Zweifellos ist es das Verdienst dieser eindringlichen Studie, diese Beliebigkeit zu durchbrechen. Koenen arbeitet die konkreten Ziele Che Guevaras heraus und benennt unzweideutig die terroristischen Methoden, mit denen er sie zu erreichen suchte. Che wäre sicherlich der Letzte, der ihm widersprochen hätte.

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29.01.2009 10:56
#3 RE: Ein „abenteuernder Weltrevolutionär"
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Rey/Reina del Foro

Frische Rezension von Martin Ebel in der Sendung "Büchermarkt" im Deutschlandfunk vom 27.01.09 (MP3):

Demontage einer Ikone (Text)


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