“Bitte, vergesst uns nicht”

23.05.2007 18:38
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#1 “Bitte, vergesst uns nicht”
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Rey/Reina del Foro

“Bitte, vergesst uns nicht” – Telefoninterview des Vorsitzenden der spanischen NGO „Solidaridad Española con Cuba“, Ricardo Carreras Lario, mit dem Mitglied der „Damen in Weiß“, Yanet Ocaña.

Léster González Pentón - wurde in der Stadt Encrucijada, Provinz Villa Clara, geboren. Er ist 30 Jahre alt. Léster ist Konditor von Beruf. Seit seinem 17. Lebensjahr hat er als Bäcker gearbeitet.
Im Jahre 1998 wird Léster aktives Mitglied der oppositionellen „Partido Pro Derechos Humanos”. Er wird Provinzvertreter der Gewerkschaft “Confederación de Trabajadores Democráticos”. Er hat sich auch als unabhängiger Journalist engagiert.
Léster González war der Jüngste unter den 75 verurteilten Oppositionellen im März 2003. Er ist heute der jüngste politische Gefangene Kubas. Seine Frau erzählt über den Alltag der Familie eines inhaftierten Oppositionellen in Kuba .


Text des Interviews:
Ricardo:
Guten Tag Yanet, wie läuft alles bei Euch?

Yanet:
Ricardo, leider ist die Lage nach wie vor sehr angespannt. Die berüchtigten „Akte der Einschüchterung“ gegen Oppositionelle und Andersdenkende haben nicht nachgelassen. Dazu kommen noch die üblichen Schikannen der politischen Polizei. Ihr neuestes Opfer: Meine Mutter, Miriam Castro. In der letzten Zeit sind mehrmals Polizisten bei ihr auf Arbeit erschienen. Sie haben sie mit Arbeitsverbot bedroht, falls ich mein Verlangen nach Reformen nicht einstelle. Natürlich geschient das nicht in der Öffentlichkeit. Es ist sehr traurig, dass so was in Kuba passiert.


Ricardo:
Wie ist die Reaktion der Menschen in Deinem Umfeld? Deine Nachbarn zum Beispiel?

Yanet:
Alle Nachbarn haben uns ausnahmslos in Privatgesprächen ihre Unterstützung in unserer Sache versichert. Leider wird das nicht öffentlich zum Ausdruck gebracht. Die Menschen haben immer noch Angst. Jedoch haben wir mit Freude festgestellt, die Regierung findet nicht so schnell unter den Nachbarn - Menschen die bereit sind bei den „Akten der Einschüchterung“ mitzumachen. Niemand aus unserer Gegend macht bei solchen Aktionen mit. Sie sind gezwungen, Menschen von anderswo hierher zu bringen. Die Teilnehmer der „Akte der Einschüchterung“ sind nicht aus unserem Wohnviertel und immer die gleichen Gesichter.


Ricardo:
Wie gehts Léster?

Yanet:
Er ist gesundheitlich angeschlagen. Er leidet unter hohem Brutdruck und hat Verdauungsprobleme, Diarrhoe / Durchfall und Hämorrhoiden. Neuerdings fand man Amöben bei ihm.
Außerdem hat Léster Augenprobleme. Das kommt wahrscheinlich durch die weißen Wände seiner Zelle im Gefängnis „Kilo 8“ in Camaguey. Die Augen trugen Schaden davon. In den kubanischen Gefängnissen gibt es leider nichts Positives, nur Negatives. Bald werde ich ihn besuchen dürfen. Ich hoffe diesmal werde ich mich in Ruhe mit ihm unterhalten können. Bei meinem letzten Besuch bei Léster, hat das ständige Kommen und Gehen der Wächter uns sehr gestört. Er hat keine Möglichkeit Wasser abzukochen. Er darf kein normales Wasser aus der Leitung trinken. Die Zeiten für die Verabreichung seiner Medikamente werden nicht eingehalten. Léster darf nicht alles essen. Aber all diese Dinge werden überhaupt nicht berücksichtigt. Außerdem hat er Probleme mit der Wirbelsäule.


Ricardo:
Yanet, Du bist aktives Mitglied bei den “Damen in Weiß”. Obwohl Du nicht in Havanna wohnst, nimmst Du regelmäßig an allen Aktionen der Damen für die Freilassung der politischen Gefangenen teil. In meinen Augen ist das bewundernswert, wenn man die ständigen Transportprobleme in Kuba kennt.


Yanet:
Jedesmal wenn wir können, fahren wir nach Havanna. Das gibt uns Kraft weiter zu machen.

Bei besonderen Anlässen versuchen die Behörden unsere Reise zu unterbinden. Aber es ist ihnen nie gelungen.

Der Vorsitzende des Beobachtungskomitees in unserem Wohnviertel teilt uns stets mit, wir haben keine Genehmigung unseren Wohnort zu verlassen. Man hat sogar unseren Bus angehalten und uns aufgefordert auszusteigen. Aber es ist ihnen nie gelungen, unsere Teilnahme an wichtigen Treffen der „Damen in Weiß“ zu verhindern.


Ricardo:
Wie sind Deine Beziehungen zu den „Damen in Weiß“ aus Villa Clara?

Yanet:
Wir arbeiten sehr eng zusammen. Wir unterstützen uns gegenseitig. Es ist eine gegenseitige Verbundenheit.


Ricardo:
Bekommen Sie Unterstützung von Menschen aus dem Ausland?

Yanet:
Sehr wenig. Unsere Provinz, Villa Clara, wird kaum besucht von Menschen aus dem Ausland, die mit den „Damen in Weiß“ sprechen wollen.


Ricardo:
Wie geht Ihrer Tochter?

Yanet:
Es geht ihr sehr gut. Am 18. August hat sie Geburtstag.


Ricardo:
Wie haben Sie die Abwesendheit des Vaters bei ihr begründet?

Yanet:
Wir haben ihr die Wahrheit gesagt. Sie muss wissen, ihr Vater sitzt im Gefängnis weil er sich für die Freiheit einsetzt.


Ricardo:
Wollen Sie an alle Leser eine Botschaft senden?

Yanet:
„Bitte, vergesst uns nicht“!


Ricardo:
Yanet, es war für mich eine Ehre mit Ihnen sprechen zu dürfen. Vielen Dank für dieses Interview.

Yanet:
Ich danke euch auch für all das, was ihr für uns macht.


http://www.kuba-magazin.de/content/view/206/41/

Nos vemos
Dirk

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