Die rote Flut aus Caracas

30.11.2006 11:34
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#1 Die rote Flut aus Caracas
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Rey/Reina del Foro

VENEZUELA / Der Präsident kann an diesem Sonntag fest mit seiner Wiederwahl rechnen

Die rote Flut aus Caracas

Armut und Elend hat Hugo Chávez eindrucksvoll zurückgedrängt. Doch seine Kritiker verweisen auf Korruption, Inflation und Neokommunismus.

GERHARD DILGER, PORTO ALLEGRE


AGITATOR: „Am 3. Dezember beginnt die neue Ära.“ Die anstehende Präsidentschaftswahl machte der seit 1998 regierende Amtsinhaber Hugo Chávez zur Entscheidung für oder gegen das Erbe von Simón Bolívar.
Foto: dpa

Es war ein Wahlkampfabschluss ganz nach dem Geschmack des Präsidenten. Auf dem Podium nahm Hugo Chávez ein Fernglas und ließ seinen Blick zufrieden über die „rote Flut“ schweifen: Hunderttausende Anhänger in der venezolanischen Hauptstadt Caracas. Dann rief er: „Es waren acht Jahre des Kampfes. Am 3.Dezember beginnt die neue Ära, die Umsetzung des nationalen Projekts Simón Bolívar, das Venezuela des gesamten 21. Jahrhunderts. Das Jahrhundert der Völker, des Friedens, der Gerechtigkeit, des Sozialismus.“

Es sieht ganz danach aus, als würde der 52-jährige Ex-Oberst an diesem Sonntag erneut ein Volksvotum für sich entscheiden – nach den Präsidentenwahlen 1998 und 2000 und einem Referendum 2004. Denn sein Herausforderer Manuel Rosales hat zwar den Großteil der Mittel- und Oberschicht hinter sich scharen können. Doch seine Versuche, die Armen mit erdölfinanzierten Sozialprogrammen zu ködern, wirken hilflos.

Dieses Metier nämlich beherrscht Chávez ebenso meisterhaft wie die Auftritte in seiner sonntäglichen Fernsehsendung „Aló Presidente“: „Eine der großen Herausforderungen unserer Revolution ist die Agrarrevolution!“, ruft er in der Llanos-Tiefebene im Südwesten Venezuelas. „Wir haben Land, Menschen, Kompetenz, Wasser und andere Ressourcen, um alles zu produzieren, was wir für das Essen benötigen. Dennoch importieren wir den größten Teil unserer Nahrungsmittel.“

Dass weite Teile des Landes brachliegen, ist kein Zufall: Seit gut 80 Jahren dreht sich in dem südamerikanischen Land fast alles ums Erdöl. Vier Fünftel der Exporte und 60 Prozent des Staatshaushalts hängen an der Förderung des schwarzen Goldes. Venezuela ist der fünftgrößte Erdölproduzent der Welt – und eine „Rentenökonomie“, die stark von den Schwankungen der Weltmarktpreise abhängt: Von 1970 bis 1998 ging das Pro-Kopf-Einkommen um 35 Prozent zurück, seit 2005 steigt es wieder langsam.

An dieser ...
http://www.merkur.de/2006_48_Die_rote_Fl...tml?&no_cache=1

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30.11.2006 18:24
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#2 RE: Die rote Flut aus Caracas
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Rey/Reina del Foro

Hier ein Absatz aus einem gestrigen Taz-Artikel (für alle die, die behaupten, Chavez versprühe nur heisse Luft):

"El Observatorio, gelegen auf einer Anhöhe, gehört zu den Armenvierteln von Caracas. Die Häuser kleben an den Bergen, übereinandergestapelt in wilder Unordnung. In den Straßen häuft sich der Abfall, der Wind spielt mit Plastiktüten, verwahrloste Kinder necken am Straßenrand einen streunenden Hund. Genau hier, unter den armen und benachteiligten Venezolanern, hat Chávez seine Anhänger. "Er hat viel verändert in unserem Viertel, sagt Emilia. "Dank unseres Präsidenten haben wir ein besseres Leben." Tatsächlich hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan in den Straßen rund um ihr Haus. In der Mission Robinson lernen nun Analphabeten lesen und schreiben. Daneben, in der Casa Alimentaria, gibt die Regierung an diejenigen, die es nötig haben, kostenlos Essen aus. In einem anderen Projekt können Erwachsene ihren Schulabschluss nachholen und studieren. Und mit Hilfe von günstigen, meist staatlichen Mikrokrediten konnten viele Bewohner von El Observatorio ihre Wohnhäuser kaufen."

(Der Artikel enthält aber auch die Sicht der (wohlhabenderen) Chavez-Gegner!)

http://www.taz.de/pt/2006/11/30/a0164.1/text


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30.11.2006 22:56 (zuletzt bearbeitet: 30.11.2006 22:57)
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#3 RE: Die rote Flut aus Caracas
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Rey/Reina del Foro
Noch ein interessanter Artikel zum Thema (auch wenn er von H. Neuber stammt), in dem die mögliche Reaktion der Wahlverlierer nach dem Chavez-Sieg behandelt wird.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24107/1.html

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01.12.2006 09:10
#4 RE: Die rote Flut aus Caracas
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Forums-Senator/in

Die andere Sicht:

.... Die junge Frau lächelt ununterbrochen, selbst wenn sie sich aufregt, so wie jetzt: "Diese Regierung ist doch korrupt. Sie verschwendet das Geld. Rosales, er ist die Chance auf einen Wechsel."

Manuel Rosales ist der Herausforderer von Hugo Chávez. Die Opposition hat nur einen Kandidaten aufgestellt, um dessen Chancen zu verbessern. Zurzeit liegt Rosales in den Umfragen trotzdem noch rund 20 Prozent hinter Hugo Chávez. Wer schuld daran ist, das liegt für Joseline auf der Hand: "Chávez versucht doch alles, um den Sieg der Opposition zu verhindern, am Ende wird er sogar die Wahlergebnisse fälschen." Auch sie geht regelmäßig auf die Straße - gegen Chávez. "Das letzte Mal waren wir enorm viele - über 70.000", erinnert sie sich. Sie zieht ein blaues Basecap aus der Tasche. "Atrévete!", steht darauf, "Trau dich". Es ist der Wahlslogan der Opposition. "Wenn wir damit durch Caracas marschieren, ist alles blau. Das kann auch Chávez nicht ignorieren."

Joseline hat nichts gegen die Sozialprogramme des Präsidenten. "Aber er tut so", ärgert sie sich, "als wäre er Gott, der seine Gaben verteilt. Dabei hat die Regierung unglaublich viel Geld. Sie könnte noch viel mehr tun." Auch sie hat von der Regierungspolitik profitiert, hat einen günstigen Kredit für eine Eigentumswohnung bekommen. Jeden Monat zahlt der Staat einen Teil ihrer Zinsen. "Aber das hat nichts mit meiner politischen Überzeugung zu tun", verteidigt sich Joseline. "Es ist die Pflicht der Regierung, jungen Menschen zu helfen." Wochenlang ist sie wegen des Kredits von Chávez-Getreuen befragt worden, sogar der Geheimdienst hat ihre Familie überprüft. Sie haben alle ein bisschen geflunkert, denn von Chávez' Programmen profitiert nur, wer ihm seine Stimme gibt. "Der Kredit war aber wichtig", sagt Joseline. "ich hätte mir die Wohnung sonst nicht leisten können."

Im Taxi auf dem Weg zu ihrer Schwester beginnt Joseline eine Gespräch mit dem Fahrer, er ist Rosales-Anhänger wie sie. In ganz Venezuela beschäftigt die Wahl am Sonntag die Menschen. "Überall sprechen wir über Politik" sagt sie, "im Taxi, im Restaurant, an der Uni, mit Freunden. Das ist allgegenwärtig. Wenn zum Beispiel dein Partner Chavist ist und du nicht, dann hast du als Paar keine Zukunft." Joseline ist gerade frisch verheiratet - zum Glück will auch ihr Mann Isaac für Rosales stimmen.

Lange Tage mit El Presidente

"Wenn du gegen Chávez bist, solltest du das hier in El Observatorio lieber nicht laut sagen", meint Emilia und lacht. "Das könnte gefährlich werden." Sie hat Tee gekocht und sitzt mit ihrer Tochter und ein paar Freundinnen im Wohnzimmer. Der Fußboden ist kahl, das Sofa abgenutzt. Emilia hat keine Arbeit mehr. Sie bekommt ein bisschen Unterstützung vom Staat und von ihren Kindern.

Ihr Haus gehört zu den besseren im Viertel, es ist aus Beton und hat fließendes Wasser. Die Fenster sind einfache Löcher in der Wand, ein Fernseher steht im Wohnzimmer, und jeder Raum ist in einer anderen Farbe gestrichen. "Wir sind nicht schlechter als die im Osten", meint Visalina, Emilias beste Freundin, "wir haben schöne Häuser und unsere eigene Kultur. Wir sind alle gleich viel wert." ....

...Joseline hat das schon hinter sich. Den Scheck für ihre Wohnung hat ihr nämlich der Präsident persönlich überreicht, vor ein paar Monaten in einem großen Theater. "Das war eine Wahnsinnsshow", erinnert sie sich. "Ich bin gegen seine Politik, aber als Mensch ist Chávez angenehm. Es gab überhaupt keine Barriere. Er umarmt dich, und du hast nicht das Gefühl, dass er ein Staatspräsident ist. Er ist einfach ganz normal und sehr freundlich", muss sie zugeben. Das Foto von der Zeremonie hat sie zu Hause in eine Schublade getan.

Ihre Schwester wohnt in einer Zweizimmerwohnung im gleichen Viertel. Das Wohnzimmer ist noch leer, sie ist gerade erst eingezogen. Joseline setzt sich an die Bar in der Küche und schenkt sich ein Glas Rotwein ein. Es gibt Reis mit Hühnchen und Gemüse vom Chinesen gegenüber. Ihre Schwester nippt an ihrem Glas. Ob sie in Caracas bleiben möchten? "Ja", sagt Joseline, "ich mag Caracas, ich mag meine Familie und meine Freunde. Aber wenn Chávez noch einmal gewinnt, dann wandere ich aus."

taz vom 30.11.2006, S. 5, 261 Z. (TAZ-Bericht), RUTH REICHSTEIN

http://www.taz.de/pt/2006/11/30/a0164.1/text

Saludos

El Cubanito Suizo

“Wenn die Sozialisten in der Wüste an die Macht kommen, wird der Sand knapp”



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01.12.2006 11:31
avatar  Chaval
#5 RE: Die rote Flut aus Caracas
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Rey/Reina del Foro

Da siehst du den Unterschied, ECS.
Die Zitate, die du hervorhebst, sind nichts weiter als belangloses Waschweibergeschwätz ohne Fundament!
Was ich oben hervorgehoben habe, sind konkrete, fassbare Verbesserungen für viele der Armen!


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01.12.2006 11:48
#6 RE: Die rote Flut aus Caracas
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Forums-Senator/in

Wenn ein Staat Geld verschwendet??? Weibergeschwätz???? Erde an Chaval..... Kurzfristig mag das gut gehen, aber was ist dannach???? Wenn das Öel weg ist? Da kann der Hugo nicht mehr aus dem Vollen schöpfen! Und was dann? Wer wird dann leiden? Diejenigen die jetzt kurzfrisrtig ruhig gestellt wurden, die Armen!!! Chaval schau mal ein bisschen weitsichtiger!


Saludos

El Cubanito Suizo

“Wenn die Sozialisten in der Wüste an die Macht kommen, wird der Sand knapp”



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01.12.2006 14:20
avatar  b12
#7 RE: Die rote Flut aus Caracas
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b12
Rey/Reina del Foro


@ ecs, wenn das öl weg ist, sind auch die reichen mit ihren gescheffelten mill. und milliarden weg. hugo wird es hoffentlich zu verhindern wissen.
viele 3. welt oder schwellenländer bräuchten kein kredite vom iwf wenn die reichen egos das geld nicht außer landes schaffen würden (z.b. in dein land). oft sind die fluchtgelder höher als die schulden des landes.
übrigens: das öl kommt vom "lieben gott" und wenn es hugo an viele verteilt ist es ihm (dem lieben gott) bestimmt lieber als an wenige kokskonsumenten auf den yachten. gruß


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