"Die neue Art von Tapferkeit"
Reiseveranstalter TUI bietet Urlaub in 45 Katalogen an/Preise durch teures Flugbenzin gestiegen

Vom 01.04.2006

Wir wissen nicht, was uns erwartet. Aber im Tourismus gibt es derzeit wieder mehr Licht als Schatten". Der Deutschland-Chef von Europas größtem Reiseveranstalter TUI, Dr. Volker Böttcher, kann die Situation für den Reise-Sommer der Deutschen zwar noch nicht ganz einschätzen, doch er bleibt optimistisch. Das Geschäft mit dem Urlaub wachse weiter und habe sich damit - auch wenn das Wirtschaftswachstum in Deutschland derzeit etwas schwächer sei - von der allgemeinen Entwicklung der Kaufzurückhaltung abgekoppelt.
Denn trotz Terror und Naturkatastrophen sieht Böttcher ein robustes Wachstum: "Es ist offensichtlich, dass die Deutschen solchen Ereignissen mit einer neuen Art von Tapferkeit und Realismus begegnen." Zwar müssten die betroffenen Urlaubsgebiete herbe Rückschläge hinnehmen. Aber sie erholten sich auch schneller. Belege dafür gibt es viele. Die Türkei komme nach der Vogelgrippe wieder, die vom Tsunami betroffenen Gebiete entwickelten sich unterschiedlich. Während Sri Lanka noch am meisten unter den Nachwirkungen der Katastrophe zu leiden hat - mit Tendenz zur Erholung - sei Thailand wieder stark gefragt.

Am besten zeige sich die Situation am Beispiel Ägypten. Das Land gehörte nach den Anschlägen von Sharm-el-Sheikh zu den Verlierern der Sommersaison 2005. Aber im Gegensatz zu früher sei die Nachfrage nicht komplett eingebrochen. Und jetzt wachse die Region zwischen Nil und Rotem Meer wieder zweistellig.

Für diesen Sommer kündigte Böttcher ein "Feuerwerk an Produktinnovationen" in insgesamt 45 Katalogen an. Dazu zählen mehr Baustein-Reisen ebenso wie noch detailliertere Kataloge für Reisende mit speziellen Interessenten. Wie zum Beispiel Urlauber, die sich auf bestimmte Sportarten festgelegt haben. Neu ist auch ein Angebot für Flusskreuzfahrt-Fans. Die TUI offeriert für den Sommer 26 Schiffe und rund 400 Törns auf 43 verschiedenen Routen. Außerdem wurden mit den Krankenkassen DAK und KKH 36 Offerten für einen Gesundheitsurlaub mit Vorbeugungscharakter entwickelt. Gleichzeitig wurden Maßnahmen ergriffen, um dem Urlauber noch mehr Qualität zu bieten, zum Beispiel den eigenen Gepäck-Service bei Flusskreuzfahrern. Ein neues Ziel gibt es zudem für Griechenland-Urlauber: die Insel Thassos in der nördlichen Ägäis, die erstmals im Programm ist.

Zu den Gewinnern der vergangenen Saison zählte zweifellos die Lieblingsinsel der Deutschen, Mallorca, die ein Plus von neun Prozent beim Hannoveraner Veranstalter verbuchen konnte. Ein kleines Comeback feierten auch die Kanarischen Inseln, die um vier Prozent wuchsen. Einen regelrechten Boom erlebte, so Böttcher, das Königreich Marokko, das endgültig "aus dem Dornröschenschlaf erwacht" sei (plus 31 Prozent). Lediglich Italien konnte in Europa mit 40 Prozent ein besseres Ergebnis vorweisen. Auch Portugal (plus 8,5 Prozent), Zypern (plus 23 Prozent) sowie die Autoreise-Länder Deutschland (plus 20 Prozent) und Österreich (plus 39 Prozent) konnten da mithalten.

Im Fernreisebereich verzeichneten die USA (plus 43 Prozent) und Kenia (plus 63 Prozent) die höchsten Wachstumsraten. Zu den Verlierern der Saison 2005 zählt neben den Tsunami-geschädigten Ländern insbesondere Bulgarien, das durch zu viele Baustellen und den daraus resultierenden Lärm ein Minus von 14 Prozent bei der TUI verbuchte.

Das Hauptaugenmerk beim Veranstalter aus Hannover liegt aber weiterhin bei Bade- und Familienferien. Das werde, so Böttcher, auch so bleiben. Er schätzt, dass die Pauschalreise für Familien trotz aller neuen Trends auch in fünf bis sechs Jahren bei 80 Prozent liegen wird. Die allgemeine Wachstumsstrategie stütze sich vor allem auf den Bereich der Online-Buchungen, denn da sei man noch lange nicht am Ende. Es gehe darum, neue Kundenschichten zu erschließen. "Im Internet bewegen sich andere Gäste als die, die in die Reisebüros gehen". Nach Marktuntersuchungen gibt es neben den rund 30 Millionen Pauschalurlaubern noch eine ebenso große Gruppe, die sich ihre Reise selbst zusammenstellen. Und an die wolle man, so Böttcher, ran.

Die Reisepreise für den Sommer verteuern sich aufgrund der hohen Ölpreise. Vor rund einem Jahr habe Flugbenzin 470 US-Dollar pro Tonne gekostete. "Heute müssen die Fluggesellschaften mit rund 620 Dollar rund 30 Prozent mehr bezahlen", sagte Böttcher. Deshalb kosten Reisen bei Europas Branchen-Primus 2006 im Schnitt 2,3 Prozent mehr. Dagegen stehen die permanenten Preisvorteile des Veranstalters bis 60 Tage vor Beginn der Reise. Das Angebot wurde inzwischen auf 600 Hotels in 25 Zielgebieten ausgebaut.

Bei Preiserhöhungen kommen die Balearen am günstigsten weg. Die Erhöhung für Ferien dort betragen nur 1,5 Prozent. Ägypten wird ebenso wie Thailand um zwei Prozent teurer, die Kanarischen Inseln, Marokko und Portugal um drei Prozent. Ein Griechenland-Urlaub kostet im Schnitt vier Prozent mehr, die Türkei, die Dominikanische Republik und Kuba verteuern sich um fünf Prozent. Gert Stephan-Kaselow

http://www.wiesbadener-tagblatt.de/reise...ikel_id=2331821
_____________________________
hpblue - zurich - switzerland