Die Revolution tanzt Salsa

16.04.2004 09:12
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Rey/Reina del Foro

Die Revolution tanzt Salsa

Zwischen karibischem Meer und Atlantik erstreckt sich die größte Insel der Antillen
VON Anne Magnus, MZ, 15.04.04


Im Café des Rum-Museums von Havanna laden die Musiker schon mittags zu Son und Rumba. (Foto: MZ-Archiv)

Halle/MZ. Klack! Die Eiswürfel sind im Glas. Mit der Linken greift Pedro zum weißen Rum, die Rechte füllt Limettenscheiben und Zucker auf, ein Schuss Sodawasser, frische Minzeblätter - nach zehn Sekunden steht der Mojito auf dem Tresen. Jeder Barmixer auf der 1200 Kilometer lang gestreckten Insel zwischen karibischem Meer und Atlantik beherrscht die Herstellung des kubanischen Nationalgetränks im Schlaf. Pedros Cocktail hat es in sich. Ihn auf der schattigen Dachterrasse des mondänen Hotels Casa Grande genießend, Auge in Auge mit dem steinernen Engel der Kathedrale, überblickt man Santiago de Cuba. Unten auf dem Hauptplatz das Rathaus, von dessen Balkon Fidel Castro 1959 den Sieg der Revolution ausrief.
Musik weht in den sechsten Stock, lockt nach unten. Gleich um die Ecke drängen sich die Tanzwütigen am Eingang der Casa de la Trova. Der Tanzclub gilt als Wiege des Son, die alten Senores vom Buena Vista Social Club traten hier auf. Heute Abend singen die Hermanas Ferrin, zwei reizende Schwestern um die 60 und damit die Jüngsten aus der Band.

Voll ist es im Saal und auf den Balkonen, obwohl der Eintritt drei Dollar kostet - für den Kubaner ein halber Wochenlohn. Die Rhythmen wechseln, mal flehende Inbrunst, mal fröhliche Ausgelassenheit. Atemberaubend wirbeln einheimische Paare über die Tanzfläche, jeder Schritt sitzt, jede Bewegung wie tausendmal geübt. Während junge Kubanerinnen in den Armen ergrauter Europäer liegen, mühen sich Santiagos junge Männer mit lernwilligen Touristinnen. Salsa ist wohl mehr als ein Tanz.

Anderthalb Flugstunden von der "heimlichen Hauptstadt" Santiago im Osten liegt die Metropole Havanna im Westen. Rundreisen-Anbieter wie die Tui haben beide Städte im Programm, und man braucht sich vor dem Flug mit der Antonow nicht zu fürchten - ihre Oldtimer haben die Kubaner bestens im Griff. Das sieht man auch auf den Straßen Havannas, wo breitflügelige Amischlitten mit aufpolierten Wolgas konkurrieren.

"Auf Kuba ist alles eklektisch", sagt Reiseleiter Rafael und meint die Architektur, die Musik, sogar die Menschen. Hier mischen sich Einflüsse aus Europa, Asien, Afrika und Amerika, und die verschiedenen Baustile der Hauptstadt - Kolonialbauten, Klassizismus, Jugendstil - zeugen von der spannenden Geschichte der 500-jährigen Stadt. Stück für Stück wird die alte Pracht wieder hergestellt. Dank des Unesco-Programms zur Rettung des Weltkulturerbes kann man heute die sanierte Prado-Allee entlang flanieren oder in einem der vielen Straßencafés von Alt-Havanna einen zwölfjährigen Rum zur Zigarre genießen. Auch das Hotel "Ambos Mundos", dessen Zimmer 511 der Amerikaner Ernest Hemingway in den 30ern sieben Jahre lang bewohnte, ist in frisches Rosé getaucht. Oben steht noch die Schreibmaschine, auf der er "Wem die Stunde schlägt" schrieb, seinen Roman über eine Liebe im spanischen Bürgerkrieg. Anregung dafür hat er sich manche Nacht in seiner Lieblingsbar "Bodeguita del Medio" geholt; bei Salsa, Rumba, Mambo und Chachachá, umnebelt vom süßen Duft des Rums und von Zigarrenrauch.

Nur drei Autostunden westlich von Havanna, im "Pinar del Rio", wächst nach Experten-Meinung der beste Tabak der Welt. Es lohnt sich, die Gegend um das malerische Vinales-Tal zu erkunden, Station zu machen in einem der Privatquartiere, die findige Insulaner ab 15 Dollar die Nacht anbieten. Was für ein Entdecker-Gefühl, wenn man stundenlang über die fast leere, einzige Autobahn des Landes braust, vorbei an endlosen Zuckerrohr- und Tabakfeldern, organisiert per Bus oder auf eigene Faust mit dem Mietwagen.

Denn auf die größte Antillen-Insel nur zum Baden zu fliegen, an einen der feinen weißen Sandstrände, wäre genauso eine Verschwendung wie zum Duschen extra einen Saunabesuch zu buchen. Womit nichts gegen einen Badeurlaub am Ende einer ereignisreichen Reise zu sagen ist, dazu laden die Strände von Varadero oder der Playa Esmeralda geradezu ein. Im Hotel "Paradisus Rio de Oro" in der Bucht von Holguin zum Beispiel ist der Name Programm. Man wohnt in einer weitläufigen Gartenanlage in komfortablen Bungalows, Hängematte auf der Terrasse inklusive. Mehrere Sandbuchten und Pools laden zum Schwimmen und Entspannen, die Bars öffnen von früh bis spät, abends kann man am Büfett schwelgen, im mediterranen oder japanischen Restaurant reservieren.

All inclusive sind sogar Tauch- und Segelschule. Alles, was kein Benzin und Diesel kostet, ist im Preis inbegriffen. Und wer doch nur einen Badeurlaub buchen und trotzdem in die Hauptstadt möchte, kann das vielfältige Ausflugsprogramm des Hotels nutzen. Es reicht von der Catamaran-Tour mit Musik für 69 Dollar bis zum Havanna-Trip an einem Tag mit Flug, Stadtführung und Verpflegung für 189 Dollar. Doch eigentlich braucht man für die verführerischste Stadt der Karibik viel mehr Zeit, und mindestens eine Nacht, in der ein Pedro einen Mojito mixt. Klack, die Eiswürfel sind schon im Glas.

Cuba-Reiseinfos
avenTOURa


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