Nach einer neuen Anordnung ist ab sofort dem Innenministerium vor jeglicher Filmproduktion auf der Insel das genaue Drehbuch und eine detaillierte Liste aller Produktionsbeteiligten zur Genehmigung vorzulegen -- berichtet das Diario de Cuba unter Berufung auf Kontakte innerhalb des Kubanischen Filminstituts (ICAIC). Die Maßnahme, die innerhalb der Filmszene heftig diskutiert wird, wird als Schlag gegen den wachsenden unabhängigen Filmsektor des Landes gewertet.

El Ministerio del Interior aprobará los guiones de las películas para frenar el cine independiente
http://www.diariodecuba.com/cultura/1396557030_7968.html

Nach massiven Protesten der kubanischen Filmschaffenden, einschließlich der Führung des staatlichen Filminstituts ICAIC, hat das Innenministerium inzwischen wieder einen Rückzieher gemacht und die bereits umgesetzte Anordnung zurückgenommen.

El MININT se echa atrás ante protesta de cineastas cubanos
http://www.diariodecuba.com/cultura/1398413263_8300.html

Erstens geht es überhaupt nicht um ausländische Produktionen, das sollte schon aus dem Eingangsposting klar geworden sein. Wir reden hier über eine von Kubanern auf Kuba gegen Kubaner gerichtete Maßnahme, gegen die sich Kubaner erfolgreich gewehrt haben. Zweitens war diese Kontrolle noch nicht schon immer da, sondern sie wurde erst kürzlich eingeführt und jetzt wieder abgeschafft. Drittens ist das MININT (Repressionsbehörde) eben alles andere als identisch mit dem ICAIC (Filmbehörde), auch wenn beides selbstverständlich staatliche Instutionen sind. Viertens sind schon allein durch die technologische Entwicklung Filmproduktionen heutzutage schon für Menschen ohne besondere Kapitalausstattung erschwinglich: jede durchschnittliche Spiegelreflexkamera ist heute in der Lage, hochauflösende Filme zu drehen, die an einem Heim-PC geschnitten werden können. Leistungsfähige Mikros und digitale Audiorecorder gibt's schon für ganz kleines Geld. Eine Low-Budget-Produktion eines Kurzfilms ist heute mit einem winzigen Bruchteil des Aufwands von vor zwanzig Jahren herzustellen. Auch um die Verbreitung seiner filmischen Werke kann/muss sich heute jeder selbst kümmern, sei es im Internet oder sonstwie -- das Kino hat als vorrangiger Vorführort für Filme längst ausgedient. Früher waren schon aus Gründen der technischen Grundausstattung (Kameras, Schnittplätze, Vertrieb etc.) unabhängige Produktionen auf Kuba kaum vorstellbar. Heute wird nur noch der kleinste Teil der Produktionen innerhalb des ICAIC oder der internationalen Filmhochschule EICTV hergestellt. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Nicht obwohl, sondern weil keine (staatlichen) Gelder für Filmproduktionen da sind ist der unabhängige Filmsektor so bedeutend geworden: Innerhalb des ICAIC gibt es für die Kreativen kaum noch Arbeit. Außerhalb des ICAIC sind die Möglichkeiten dagegen enorm gewachsen.