"Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?

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29.01.2013 15:21
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#1 "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

"Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?

Sind die Kubaner nach dem Gesetz über die Reisefreiheit freier als zuvor? Steht eine Zweiklassengesellschaft bevor? Was erwartet die sozialistische Karibikinsel von Obama? Und was hilft einem Tropenbewohner gegen die europäische Kälte?

Kuba durchlebt in diesen Tagen und Monaten eine Reihe von tiefgreifenden Veränderungen: Entlassungen im Staatsapparat, Zulassung von Privatbetrieben, Reisefreiheit.
http://www.n-tv.de/politik/politik_komme...le10018076.html

Nos vemos
Dirk

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29.01.2013 15:40 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2013 15:41)
avatar  jojo1
#2 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Die aktuellen Reformen bedeuten vor allem mehr extreme und absolute Armut für einen größeren Teil der kubanischen Bevölkerung, dies aus folgenden Gründen:

1) Die weitergehenden Massenentlassungen in Staatsbetrieben führen dazu, dass teilweise ganze Familien plötzlich komplett ohne Einnahmen auskommen müssen.

2) Ex-Mitarbeiter von Staatsbetrieben sind oftmals eben gerade nicht dazu geeignet sich erfolgreich mit einem Kleinbetrieb selbständig zu machen. Und ohnehin fehlt es Ihnen dann üblicherweise an Startkapital.

3) Viele sonstige staatliche Leistungen wurden und werden weiterhin massiv zurückgefahren: Dazu gehört die Abschaffung von Firmenkantinen bis zu den Ministerien in Havanna, die Reduzierung der mehr oder weniger kostenlosen Verpflegung von Schulkindern usw... usw...

--
„Nach meiner Auffassung steckt die Welt voll unermesslicher Chancen, wenn wir sie nur zu nutzen verstehen würden.“ v. Ludwig Erhard, Wirtschaftsminister und Bundeskanzler in D.

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29.01.2013 17:02
avatar  Chris
#3 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

@Jojo

wie definierst du "extreme und absolute Armut"?

Saludos aus Havanna
Chris


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29.01.2013 17:10 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2013 17:11)
avatar  jojo1
#4 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Chris im Beitrag #3
@Jojo

wie definierst du "extreme und absolute Armut"?

Saludos aus Havanna
Chris


Ich verwende die international anerkannte und übliche Definition von 1 US-Dollar real verfügbarem Nettoeinkommen pro Tag und pro Person. Dabei werden auch Unterstützungszahlungen von Familienangehörigen und Freunden aus dem Ausland additiv eingerechnet und die reinen Miet- oder Finanzierungskosten für eine Wohnung oder einen Wohnungsanteil werden abgezogen von den monatlichen Einnahmen.

--
„Nach meiner Auffassung steckt die Welt voll unermesslicher Chancen, wenn wir sie nur zu nutzen verstehen würden.“ v. Ludwig Erhard, Wirtschaftsminister und Bundeskanzler in D.

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29.01.2013 17:19
avatar  Chris
#5 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von jojo1 im Beitrag #4
Ich verwende die international anerkannte und übliche Definition von 1 US-Dollar real verfügbarem Nettoeinkommen pro Tag und pro Person. Dabei werden auch Unterstützungszahlungen von Familienangehörigen und Freunden aus dem Ausland additiv eingerechnet und die reinen Miet- oder Finanzierungskosten für eine Wohnung oder einen Wohnungsanteil werden abgezogen von den monatlichen Einnahmen.

Berücksichtigt diese Rechnung auch staatlich subventionierte Leistungen?

Saludos aus Havanna
Chris


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29.01.2013 17:38
avatar  Ralfw ( gelöscht )
#6 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Ralfw ( gelöscht )

Zitat von jojo1 im Beitrag #4
Zitat von Chris im Beitrag #3
@Jojo

wie definierst du "extreme und absolute Armut"?

Saludos aus Havanna
Chris


Ich verwende die international anerkannte und übliche Definition von 1 US-Dollar real verfügbarem Nettoeinkommen pro Tag und pro Person. Dabei werden auch Unterstützungszahlungen von Familienangehörigen und Freunden aus dem Ausland additiv eingerechnet und die reinen Miet- oder Finanzierungskosten für eine Wohnung oder einen Wohnungsanteil werden abgezogen von den monatlichen Einnahmen.

da warst Du aber sicher eine geraume Weile am Datenerheben und am Rechnen , aber eigentlich gilt ja: trau keiner Statistik die Du nicht selber gefälscht hast


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29.01.2013 20:01
avatar  Uli
#7 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Uli
Rey/Reina del Foro

Dieser 1 Dollar Quatsch. In einigen Ländern kosten drei Mahlzeiten so viel und in anderen bekommst du dafür nicht mal ne Tüte Reis.

-------------------------------------------------
Es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von jedem.

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29.01.2013 20:06 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2013 20:39)
#8 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Uli im Beitrag #7
Dieser 1 Dollar Quatsch. In einigen Ländern kosten drei Mahlzeiten so viel und in anderen bekommst du dafür nicht mal ne Tüte Reis.

Massenhaft "Extreme Armut" in Kuba ist natürlich Blödsinn. Aber Hunger und prekäre Lebensverhältnisse gibt es auch in Kuba. Mir bekannte seriöse wissenschaftliche Schätzungen reichen so von 20 bis 35 Prozent der kubanischen Bevölkerung, die davon betroffen sind.

--
La vida debería ser amarilla... amar y ya.

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29.01.2013 21:47
avatar  Chris
#9 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von ElHombreBlanco im Beitrag #8
Massenhaft "Extreme Armut" in Kuba ist natürlich Blödsinn. Aber Hunger und prekäre Lebensverhältnisse gibt es auch in Kuba. Mir bekannte seriöse wissenschaftliche Schätzungen reichen so von 20 bis 35 Prozent der kubanischen Bevölkerung, die davon betroffen sind.

@EHB

da kommen wir der Realität schon sehr viel näher denke ich. Mich würde trotzdem interessieren - ehrlich und ohne Polemik - auf welchen "seriösen wissenschaftlichen Schätzungen" deine Meinung fusst.

Danke vorab
Chris


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29.01.2013 22:14 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2013 22:55)
#10 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Chris im Beitrag #9
Mich würde trotzdem interessieren - ehrlich und ohne Polemik - auf welchen "seriösen wissenschaftlichen Schätzungen" deine Meinung fusst.

Zum Beispiel der der kubanischen Revolution sehr wohlwollend gegenüberstehende Historiker Michael Zeuske:

"Das Problem der Gleichheit ist faktologisch ausgehöhlt, allerdings nicht so sehr sichtbar wie in anderen Gesellschaften. Also die Leute, die Geld haben, 15, 20 Prozent, die sind zwar in den Läden zu finden, aber das ist auf der Straße nicht so klar sichtbar, wenn man nicht direkt durch die Villenviertel geht. Ebenso verdeckt, wie ich das für die Reichen geschildert habe, gibt es verdeckt Hunger. Es gibt 30 bis 35 Prozent der Leute, die wirklich Hunger haben, die haben eine Mahlzeit am Tag."
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/andruck/1826363/

Der exilkubanische (ja, ja, ich weiß ...) Wirtschaftswissenschaftler Carmelo Mesa-Lago schätzte die Zahl etwas geringer, ich glaub zwischen 20 und 30%. Dafür hab ich jetzt auf Anhieb keinen Link parat , sorry.

--
La vida debería ser amarilla... amar y ya.

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29.01.2013 22:40
avatar  Chris
#11 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

@EHB

danke für die Quellenangabe und den Auszug. Werde mir das Interview mal komplett besorgen sofern es die Übertragungsrate zulässt. Ich kann mich ja nur auf meine eigene Wahrnehmung hier vor Ort stützen, da würde ich die Zahl der "wirklich" Armen auch auf ca. 20% schätzen.

Saludos aus Havanna
Chris


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29.01.2013 22:46
#12 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Chris im Beitrag #11
Werde mir das Interview mal komplett besorgen sofern es die Übertragungsrate zulässt.

Den Audiostream brauchste nicht. Das Feature ist komplett abgedruckt.

--
La vida debería ser amarilla... amar y ya.

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29.01.2013 23:48 (zuletzt bearbeitet: 29.01.2013 23:52)
#13 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Forums-Senator/in

Zitat von Chris im Beitrag #3
@Jojo

wie definierst du "extreme und absolute Armut"?

Saludos aus Havanna
Chris
Jojo schwadroniert schon seit einigen Tagen in verschiedenen Threads von der angeblich massenhaft verbreiteten absoluten Armut in Kuba und bezifferte sie auf 70-80% der Bevölkerung.

Ist natürlich Humbug bzw. substanzlose Wortklauberei, aber egal.

_______

„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
Winston Churchill

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30.01.2013 13:01 (zuletzt bearbeitet: 30.01.2013 13:03)
avatar  Chris
#14 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

@Chavalito

halt alles eine Frage des Standpunktes! Und das Thema Cuba ist anscheinend immer noch so interessant - seit über 50 Jahren -, dass sehr viele sich dazu berufen fühlen den Experten herauskehren zu wollen.

Was ist zum Beispiel "arm"? Alles eine Frage des Vergleichs. Jemand der nur Deutschland und Cuba kennt wird vermutlich über die Zustände in Cuba entsetzt sein, jemand der schon andere Länder der Region bereist hat vermutlich weniger. Mancher glaubt nach 2x Urlaub schon alles von seinem Reiseziel zu kennen, ein anderer gibt freimütig zu auch nach 30x auf Besuch noch nicht zum Experten zu taugen. Ist alles eine Frage der Persönlichkeit.

Ich habe schon viel auf Cuba erlebt, lebe seit 3 Jahren hier würde aber nie auf die Idee kommen zu behaupten 'das' Rezept zu kennen mit dem man die Probleme dieses Landes lösen kann. Zu Komplex ist das hier und für Europäer zudem nur schwer zu durchschauen. Andere Länder andere Sitten sag ich nur!

Aber egal, ich finde es trotzdem schön dass eine so facettenreiche Diskussion möglich ist!

Saludos aus Havanna
Chris


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30.01.2013 13:33 (zuletzt bearbeitet: 30.01.2013 13:33)
avatar  Uli
#15 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Uli
Rey/Reina del Foro

Es soll ja hier Leute geben, die sich schon nach sechs Monaten Aufenthalt "Experte" nennen.

Da wäre ich "Experte" für so manches Land und manche Stadt.

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Es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von jedem.

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30.01.2013 14:45 (zuletzt bearbeitet: 30.01.2013 14:45)
#16 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Forenliebhaber/in

Hallo Chris, schöne Grüsse aus dem kalten Rostock. Yakima und ich haben am 28. September in Pinar geheiratet.


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30.01.2013 15:00
avatar  Chris
#17 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Hallo Benno,

na dann wünsch ich Dir doch viel Glück noch im nachhinein! Vielleicht schaust Du ja mal bei uns rein wenn Du wieder mal auf der "Pirateninsel" bist.


Saludos aus Havanna
Chris


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30.01.2013 16:20
avatar  jojo1
#18 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von chavalito im Beitrag #13
Zitat von Chris im Beitrag #3
@Jojo

wie definierst du "extreme und absolute Armut"?

Saludos aus Havanna
Chris
Jojo schwadroniert schon seit einigen Tagen in verschiedenen Threads von der angeblich massenhaft verbreiteten absoluten Armut in Kuba und bezifferte sie auf 70-80% der Bevölkerung.

Ist natürlich Humbug bzw. substanzlose Wortklauberei, aber egal.



So einfach ist dies mutmaßlich nicht, denn ich kenne nur eine Minderheit, die in Kuba nach meinen bescheidenen Vorstellungen halbwegs "normal" lebt und dabei orientiere ich mich bitte auch an hochentwickelten Ländern und nicht an Haiti.

Fakt ist aber auch, dass es viele Länder, mit noch deutlich schlechteren Lebensbedingungen gibt, und die allermeisten Kubaner zumindest
noch die Libreta kaufen können ( auch wenn komplett arbeitslose Familien dafür eindeutig Kleidung oder Hausrat verkaufen müssen ). Allgemein
bekannt ist aber, dass die Libreta eben nur für ca. 10 Tage die Minimalversorgung ermöglicht und nicht alles immer verfügbar ist ( höflich formuliert ).

Außerdem gibt es keine wirklich guten Statistiken im Land, dies bereits deshalb, weil die zentral wichtigen
Unterstützungszahlungen aus dem Ausland nicht so exakt bekannt sind und auch nicht sein können, da diese auf unterschiedlichste Weise erfolgen.
Viele Kubaner haben aber gerade keine Verwandten o.ä. im Ausland, von denen sie unterstützt werden oder ( mit einer Erbschaft einmalig ) wurden.
Und nur eine Minderheit der Kubaner arbeitet direkt zusammen mit Touristen, von welchen sie (natürlich) immer mal wieder mit ein paar CUC unterstützt werden.

Der reale Gegenwert der Libreta wurde aber auch schon vom Dirk_71 in einem anderen Thema auf wenige US-Doller hochgerechnet. Dazu kommt dann noch i.a. das real verfügbare Restnettoeinkommen eines "normalen" Staatsangestellten von 10 bis 20 CUC ( was aber eventuell mit Familienangehörigen zu teilen ist ). Also bin ich als normaler Staatsangestellter eben doch sehr, sehr arm und befinde mich dann sicherlich im fließenden Grenzbereich der absoluten Armut.

Da die Grenze von 30 US-Dollar - nach den international üblichen Berechnungen - sicherlich kein fester Grenzwert ist, leben in Kuba sicherlich recht viele Menschen zumindest in einem Übergangsbereich zur absoluten Armut gemäß internationaler Definition. D.h. ob man 10 CUC = US-Dollar oberhalb oder unterhalb dieser Grenze liegt, ändert wenig daran, dass man doch extrem arm ist. Deshalb können sich z.B. viele Kubaner keine neuen Schuhe kaufen oder die kaputte Waschmaschine reparieren...

Meine Kernaussage ist und bleibt, dass man von dem normalen Einkommen ( in den Staatsbetrieben ) in Kuba plus der sicherlich sehr wichtigen Libreta nicht menschenwürdig leben kann, ganz egal ob man 15 oder 30 CUC zum Leben pro Monat hat.

--
„Nach meiner Auffassung steckt die Welt voll unermesslicher Chancen, wenn wir sie nur zu nutzen verstehen würden.“ v. Ludwig Erhard, Wirtschaftsminister und Bundeskanzler in D.

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30.01.2013 16:47 (zuletzt bearbeitet: 30.01.2013 16:49)
avatar  Chris
#19 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
So einfach ist dies mutmaßlich nicht, denn ich kenne nur eine Minderheit, die in Kuba nach meinen bescheidenen Vorstellungen halbwegs "normal" lebt und dabei orientiere ich mich bitte auch an hochentwickelten Ländern und nicht an Haiti.

Nur damit wir eine Vorstellung davon bekommen auf welcher Grundlage wir diskutieren, wieviele Cubaner kennst du wirklich so gut dass du deren Lebenssituation real einschätzen kannst bzw. klär uns doch mal etwas genauer über deinen Kubahintergrund auf. Deinem Profil entnehme ich dass du mehr als 10x hier warst, es steht aber nichts drin wo du warst, ob immer nur für ein paar Tage oder auch mal länger am Stück.

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
Fakt ist aber auch, dass es viele Länder, mit noch deutlich schlechteren Lebensbedingungen gibt, und die allermeisten Kubaner zumindest noch die Libreta kaufen können

sehe ich genauso

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
(auch wenn komplett arbeitslose Familien dafür eindeutig Kleidung oder Hausrat verkaufen müssen )

Wieviele "komplett" arbeitslose Familien kennst du die dies so handhaben müssen?

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
Allgemein bekannt ist aber, dass die Libreta eben nur für ca. 10 Tage die Minimalversorgung ermöglicht und nicht alles immer verfügbar ist ( höflich formuliert ).

Das sehe ich ähnlich, ganz praktische Erfahrung aus der Nachbarschaft von uns.

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
Außerdem gibt es keine wirklich guten Statistiken im Land, dies bereits deshalb, weil die zentral wichtigen
Unterstützungszahlungen aus dem Ausland nicht so exakt bekannt sind und auch nicht sein können, da diese auf unterschiedlichste Weise erfolgen.

Also das was von Exilkubanern oder Angehörigen per Überweisung kommt kann ziemlich genau erfasst werden. Und auch das was hier vor Ort so "rüberwächst" kann ganz gut geschätzt werden. Wir werden hier sehr gut überwacht

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
Viele Kubaner haben aber gerade keine Verwandten o.ä. im Ausland, von denen sie unterstützt werden oder ( mit einer Erbschaft einmalig ) wurden. Und nur eine Minderheit der Kubaner arbeitet direkt zusammen mit Touristen, von welchen sie (natürlich) immer mal wieder mit ein paar CUC unterstützt werden.

Du blendest - bewusst oder unbewusst - einen ziemlich wichtigen Faktor aus: Selbst wenn nur eine Minderheit der Cubaner Unterstützungszahlungen aus dem Ausland bekämen so darf man nicht übersehen, dass das geld das so ins Land kommt hier dann ausgegeben wird und davon profitieren dann auch viele der anderen Cubanern, die mit den Cubanern Geschäfte machen die Geld aus dem Ausland bekommen.

Zitat von jojo1 im Beitrag #18
Da die Grenze von 30 US-Dollar - nach den international üblichen Berechnungen - sicherlich kein fester Grenzwert ist, leben in Kuba sicherlich recht viele Menschen zumindest in einem Übergangsbereich zur absoluten Armut gemäß internationaler Definition. D.h. ob man 10 CUC = US-Dollar oberhalb oder unterhalb dieser Grenze liegt, ändert wenig daran, dass man doch extrem arm ist. Deshalb können sich z.B. viele Kubaner keine neuen Schuhe kaufen oder die kaputte Waschmaschine reparieren...

jojo1, die meisten Cubaner haben über die Jahrzehnte hinweg gelernt "mit ihrem System umzugehen". Ähnlich der "Schwarzarbeit" in Deutschland haben sich die Meisten hier ihr eigenes System des "Resolver" erfunden mit dem sie an den begehrten CUC kommen. Sei es dass man Bananenblätter als Cohiba-Zigarren an unwissende Touris verklickert, sei es dass man billig ins Land gebrachte Kleidung weiterverkauft, die Cubaner sind Weltmeister im "Erfinden" von Geschäftsideen. Jede Betrachtungsweise die diese "Schattenwirtschaft" ausblendet und nur auf irgendwelchen Statistiken basiert muss zwangsläufig zu falschen Schlüssen kommen.

Saludos aus Havanna
Chris


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30.01.2013 18:23
avatar  jojo1
#20 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

@Chris:

1) Ich war mit einer Kubanerin mehrere Jahre verheiratet und kenne die Armut schon ganz gut in Kuba.

2) Viele Kubaner leben wirklich in tiefer Armut, und sind teilweise auch mehr oder weniger mangelernährt. Dies sind einfach Fakten, die man nicht ausblenden darf.

3) Die Armut in Kuba wurde hier ( im Forum ) nicht nur von mir dargeatellt, sondern auch von vielen Anderen, die Kuba gut kennen und dort Familie haben oder hatten. Und Fakt ist eben, dass viele kubanische Familien nur wenige CUC im Monat zum Leben haben. Berichte gab und gibt es diesbzgl. auch in den deutschen Massenmedien, und diese beruhen uneingeschränkt auf Tatsachenberichten - auch wenn teilweise nur Einzelschicksale dargestellt werden.

4) Mir geht es nicht um kleinliche Statistikdiskussionen, sondern im Kern darum, dass es in Kuba wirklich tiefe Armut bei vielen Menschen gibt.
Dies zu erkennen bedarf nicht viel. Man muss sich nur die sogenannten Wohnungen von vielen Kubanern ansehen, oder die Zustände in den normalen Krankenhäusern usw usw usw... Fakt ist nur, dass dies leider in Deutschland - von interessierten Gruppen - teilweise wahrheitswidrig bestritten wird, und dies ist - höflich ausgedrückt - nicht ganz richtig, weil man hier die Fakten zumindest teilweise etwas auf den Kopf stellt.

5) Die Massenentlassungen in Kuba sind eine Tatsache. Tatsache ist auch, dass es natürlich einen Schwarzhandel usw. gibt, und jeder arbeitslose Kubaner versucht, sich auf einem an sich lächerlichen Niveau daran zu beteiligen: Das Ergebnis sind dann - aus meiner Erfahrung - ein paar CUC Monatseinnahmen - ausgenommen sind Touristenregionen, wo man natürlich deutlich mehr einnehmen kann. Darauf hinweisen möchte ich aber auch, dass Kubaner - die in wichtigen Staatsbetrieben arbeiten, oftmals mit einer Arbeitsbelastung von über 50 Stunden pro Woche konfrontiert sind, plus Anreisezeiten zum Arbeitsplatz plus zeitweise stundenlangen und sogar nächtelangen Reisezeiten innerhalb von Kuba. Dann bleibt nicht mehr viel Zeit, um auf dem Schwarzmarkt Touristen Zigarren zu verkaufen, was auch nicht jedermanns Sache ist... Von den Rentner in Kuba, die wirklich alt und gebrechlich sind,
möchte ich lieber erst überhaupt nicht sprechen, insbesondere wenn diese keine Unterstützung von Angehörigen mehr erhalten können.

6) Die Zuwendungen an Kubaner erfolgen teilweise durch Bargeldzahlungen, und außerdem teilweise durch Geschenke, die dann auf dem Schwarzmarkt weiterverkauft werden. Dies wird garantiert nicht erfasst von den staatlichen Stellen. Dennoch wird totales Elend gerade durch diese Zuwendungen oftmals vermieden, was aber gerade nichts an der gesamtwirtschaftlichen Grundsituation ändert.

7) Die Situation in Havanna ist besser als im Rest des Landes ( Varadero mal ausgenommen ). Dafür ist Havanna auch teuer geworden, insbesondere wurde mir von hohen Zimmermietpreisen berichtet.

--
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30.01.2013 19:20
avatar  Chris
#21 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

@jojo1

Zitat von jojo1 im Beitrag #20
1) Ich war mit einer Kubanerin mehrere Jahre verheiratet und kenne die Armut schon ganz gut in Kuba.


Allein mit einer Cubanerin verheiratet gewesen zu sein muss nichts heissen. Kenne genügend solche Fälle wo der deutsche Part aber auch nicht den blassesten Schimmer hatte was auf Cuba los ist. Trotz Cubana als Ehefrau. Hast du zumindest mal eine Zeit lang hier gelebt?

Und was deine Aussagen zu der Armut anbetrifft. Warst du schon in anderen lateinamerikanischen Ländern? Welche Reiseerfahrung hast du denn sonst noch? Wo hast du dich denn in Cuba so aufgehalten? Mit was vergleichst du Cuba?
Nur mal so zum Vergleich: Ich war früher mal im Fussballverein, da hatte ich sehr viel mit türkischen Spielern zu tun. Wenn man bei denen zu Hause eingeladen war sah das auf den ersten Blick richtig ärmlich aus. Aber nicht weil die so arm waren sondern weil denen einfach andere Dinge wichtiger waren als z.B. eine schön angemalte Fassade, ein schön aufgeräumter Garten etc. Dafür war der BMW voll mit elektronischen Spielereien, abgedunkelte Scheiben und tiefergelegt! Wie gesagt - andere Länder andere Sitten.

Aber zurück zum Ausgangspunkt: wenn du von der absoluten Armut sprichst, mit was vergleichst du Cuba?

Saludos aus Havanna
Chris


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30.01.2013 19:42
avatar  Chris
#22 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

@all

mich würde mal die Meinung zur Art der Armut hier auf Cuba von den anderen aktuellen und ehemaligen Residenten interessieren, die schonmal längere Zeit hier auf Cuba gelebt haben. Mir bekannt sind hierzu Español, Chavalito, kdl aber auch ELA. Keine Ahnung wer noch? Jungs, greift in die Tasten

Saludos aus Havanna
Chris


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30.01.2013 21:15
avatar  Uli
#23 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Uli
Rey/Reina del Foro

Wenn sich Armut nur an materiellen Dingen messen lässt, dann gibt es sie dort sicherlich zu hauf. Aber ich frag mich immer, wenn ich einen Bericht über Armut in - zum Beispiel Afrika - sehe: mit welchem Recht nennen wir das Armut?

Nur weil man sich in einigen Teilen der Welt keinen Fernseher und keine Coca Cola leisten kann ist man doch noch lange nicht arm. Wenn man ein Dach über dem Kopf hat (und sei es "nur" eine Hütte), halbwegs genug zu essen (und wenn es jeden Tag das gleiche ist: na und) und trinken und nicht verstoßen oder in Einsamkeit lebt....

Nun, da ist so mancher Afrikaner, Jamaikaner, Kubaner oder Tibeter glücklicher und zufrieden, als unsereins.

Darauf kommts an, nicht auf McDonalds.

-------------------------------------------------
Es ist schon alles gesagt worden, nur noch nicht von jedem.

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30.01.2013 22:20 (zuletzt bearbeitet: 30.01.2013 22:24)
avatar  jojo1
#24 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Uli im Beitrag #23
Wenn sich Armut nur an materiellen Dingen messen lässt, dann gibt es sie dort sicherlich zu hauf. Aber ich frag mich immer, wenn ich einen Bericht über Armut in - zum Beispiel Afrika - sehe: mit welchem Recht nennen wir das Armut?




Wenn viele - aber eben definitiv nicht alle - Menschen gerade in Afrika unterernährt sind, keine medizinische Versorgung haben und keine Lebensgrundlage, dann nenne ich dies reale Armut. Reale Armut bedeutet auch, dass Menschen frühzeitig an Unterernährung und Krankheiten sterben. Und dies zusammengenommen sollte man nicht verharmlosen. Denn die Lebensbedingungen z.B. in den ärmsten afrikanischen Ländern sind der absolute Horror, mehr und nicht weniger. Genau aus diesem Grund versuchen ja auch Viele aus Afrika zu fliehen und niemand mit Verstand bestreitet, dass diese Menschen im Elend leben.

Und Viele die Kuba gut kennen, wissen, dass es dort eben auch relevante Armut in großem Umfang gibt - wobei Kuba immer noch besser gestellt ist als
die allerärmsten Entwicklungsländer. Dass diese Armut die treuen Romantiker des Systems aber überhaupt nicht sehen wollen und nicht sehen können, mag sein. Vermutlich schauen Sie auch immer etwas weg, wenn Sie einen mehr oder weniger hungernden Kubaner auf der Straße sehen, der ohne intakte Schuhe und mit kaputter Kleidung herumläuft. Ich spreche die Menschen aber oftmals an und gehe zu deren Familien, um mir ein Gesamteindruck zu verschaffen.

Und die wenigen Auslandsdeutschen, die in Kuba ansässig sind, leben dort garantiert nicht so wie der normale durchschnittliche Kubaner. Denn entweder haben sie ein Bankkonto mit etwas Geld oder sie erhalten ein ausreichendes Einkommen. Und im Krankheitsfall fliegen sie zur Not garantiert nach Deutschland oder eventuell sogar in die USA

Nicht vergessen darf man aber, dass Kuba eines der absolut führenden Länder Mittel- und Lateinamerikas sein könnte, d.h. eine soziale und wirtschaftliche Situation wie in Kanada möglich wäre.

Es ist weiterhin schon so, dass sich sehr viele Mitstreiter von Fidel nach seiner Machtübernahme abgewandt haben. Und dies eben deshalb, weil
er den Menschen nur eine neue Diktatur mit vielen grundlegenden Problemen gebracht hat.

Das es dabei Haiti noch schlechter geht, dass in Mexiko ganze Regionen von der Drogenmafia in Angst und Schrecken gehalten werden ist sehr wohl auch mir bekannt, aber es ist eben gerade keine Entschuldigung für die Situation in Kuba.

Kuba hat eine gute Zukunft, wenn es eine neue marktwirtschaftlich und sozial orientierte Regierung zeitnah bekommt, aber eben nur dann.
Exakt dies ist meine These.

Die aktuellen Reformen führen definitiv auch leider zu mehr Elend in Kuba, denn die soziale Ungerechtigkeit steigt, einige Wenige werden geringen Wohlstand und auch Reichtum erreichen, Viele werden aber in totaler Armut versinken, weil sie eben nach der erfolgten Entlassung aus dem Staatsbetrieb auch für erfolgreiche selbständige Tätigkeiten kein Geld haben oder alt und krank sind. Und die Massenentlassungen betreffen sehr viele Familien,
ganz nebenbei steigen auch die Preise für Strom und andere wichtige Dinge... Noch viel schlimmer kann es für Viele nicht mehr kommen.

D.h. Menschen werden dann auch teilweise in noch größerem Umfang an schlechter und nicht optimaler medizinischer Versorgung und teilweise auch an Mangelernährung sterben. Es reicht eben nicht wenn man nur noch etwas Reis und Bohnen zum essen hat, da fehlen wichtige Nährstoffe. Das ist die traurige Zukunft von Kuba, wenn sich nichts am System ändert, weil die Reformen zu frühkapitalistischen Strukturen in Kuba führen müssen, da die soziale Grundversorgung immer geringer wird und nur noch der Stärkere gewinnt. Mit einer sozialen Staatsordnung hat dies nichts mehr zu tun, und dies ist deshalb so übel, weil sich darin die ganze Verlogenheit des Systems zeigt, die auf den
üblichen Propaganda-Plakaten das genaue Gegenteil der Realität darstellt.

--
„Nach meiner Auffassung steckt die Welt voll unermesslicher Chancen, wenn wir sie nur zu nutzen verstehen würden.“ v. Ludwig Erhard, Wirtschaftsminister und Bundeskanzler in D.

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30.01.2013 22:45
avatar  Chris
#25 RE: "Kommen Sie nach Kuba!" Reisefreiheit für alle?
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Rey/Reina del Foro

Zitat von jojo1 im Beitrag #24
Und die wenigen Auslandsdeutschen, die in Kuba ansässig sind, leben dort garantiert nicht so wie der normale durchschnittliche Kubaner. Denn entweder haben sie ein Bankkonto mit etwas Geld oder sie erhalten ein ausreichendes Einkommen. Und im Krankheitsfall fliegen sie zur Not garantiert nach Deutschland oder eventuell sogar in die USA

Wenn du der Meinung bist die Lage von deinen Kurzeinsätzen hier (leider hast du ja nicht Stellung bezogen wie oft/lange du schon auf Cuba warst) besser einschätzen zu können als Auslandsdeutsche die hier leben und zum Teil jahrelang direkt mit den Cubanern und den realen Problemen des Landes konfrontiert wurden, dann gebe ich auf und denke nicht dass das hier noch zu viel führt. Dann bleibe von mir aus auch bei deiner Meinung dass der Grossteil der Bevölkerung hier in absoluter Armut lebt.

Und um es mit einem ehemals in Deutschland tätigem italienischen Fussballlehrer zu halten: "Ich habe fertig"

Saludos aus Havanna
Chris


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