Lernen mit Che

22.03.2006 14:48
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Lesen lernen mit Che
Von Raoul Wilsterer

Bolivien will – wie Venezuela und Kuba – zur »analphabetenfreie Zone« werden. Dieses Ziel verkündete die Regierung von Präsident Evo Morales am Montag (Ortzeit) – ein anspruchsvolles Vorhaben angesichts einer Quote von in ländlichen Gebieten bis zu 60 Prozent Bolivianern ohne Schulbildung. Es wurde von Tausenden Menschen im Stadion der Erdölstadt Camiri im Südosten Boliviens begeistert begrüßt und soll unter dem Motto »Jawohl, ich kann« ab sofort verwirklicht werden.

Das insbesondere für die verarmte indigene Bevölkerung Boliviens historische Projekt sieht vor, durch eine massive Kampagne innerhalb von zwei Jahren 1,2 Millionen Menschen Lesen und Schreiben beizubringen. In einer ersten, bis zum 30. April dauernden Etappe sollen zunächst 200 000 Bolivianer in spanischer Sprache alphabetisiert werden. Später dann sollen die drei indigenen Sprachen Aimara, Quechua und Guaraní folgen. Ein besonderes Augenmerk gilt den Frauen und Mädchen, die bisher am stärksten diskriminiert und von jeglichem Schulbesuch ausgeschlossen wurden.

Das Programm, das von Evo Morales, der selbst aus der indigenen Bevölkerung kommt, vorgestellt wurde, lehnt sich an historische Vorbilder in der Region an: In Kuba gingen direkt nach der Revolution 1959 Tausende, in Kurzlehrgängen ausgebildete Lehrer aufs Land und versorgten innerhalb weniger Jahre die Bevölkerung mit dem notwendigen Grundwissen. Kuba wurde so bereits vor Jahrzehnten zum ersten analphabetenfreien Land Zentral- und Südamerikas und wies eine niedrigere Quote als selbst die USA auf.

Die Regierung von Präsident Fidel Castro unterstützte in den vergangenen Jahren insbesondere Venezuela bei der Entwicklung des Sozialwesens – jenes lateinamerikanische Land, das Bolivien nun als zweites Beispiel für die aktuelle Kampagne dient. Dort hatte die bolivarische Regierung von Präsident Hugo Chávez mit der »Misíon Robinson« innerhalb weniger Jahre die Alphabetisierung mehrerer Millionen auch älterer Einwohner durchgeführt und zudem eine Weiterbildung für große Teile der Bevölkerung im Rahmen der Programme »Ribas« und »Sucre« etabliert.

Bolivien baut nicht nur auf die Erfahrungen der befreundeten Länder. Kuba und Venezuela sagten dem armen, in Jahrhunderten des Kolonialismus ausgeplünderten Nachbarn im Süden umfangreiche Unterstützung zu. Dementsprechend nahmen an der Veranstaltung zum Start der Kampagne außer Morales auch die Bildungsminister Boliviens, Kubas und Venezuelas teil. Morales sagte in seiner Rede, die Alphabetisierung sei die »Entkolonialisierung unserer Länder« und die »Befreiung unserer Völker vom Neoliberalismus«. Bildung bedeute »Befreiung«.

Der kubanische Minister Luis Ignacio Gómez sprach an historischem Ort die grenzübergreifende Solidarität der amerikanischen Völker untereinander an: In Camiri hatte der kubanisch-argentinische Revolutionär Ernesto Che Guevara vor vier Jahrzehnten seinen Versuch zur Befreiung Boliviens von Fremdherrschaft gestartet. Er war mit seiner kleinen Guerillagruppe letztlich im bolivianischen Hochland gescheitert und wurde am 9. Oktober 1967 von Regierungstruppen ermordet.

Die analphabetenfreien Republiken Kuba und Venezuela schicken nunmehr ab sofort Technik und Lehrer nach Bolivien, dorthin, wo einst Che Guevaras Träume zerplatzten.

http://www.jungewelt.de/2006/03-22/065.php


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