Den USA entgleitet ihr Hinterhof

08.03.2005 15:17 (zuletzt bearbeitet: 12.03.2005 11:21)
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#1 Den USA entgleitet ihr Hinterhof
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Auch in Uruguay übernimmt heute (01.03.) ein linker Präsident die Macht. Während die USA Weltpolizist spielen, verändert sich in ihrem Hinterhof die Lage dramatisch.
Es wird ein denkwürdiger Tag, wenn heute Uruguays neuer Präsident Tabare Vazquez die Amtsgeschäfte übernimmt. Nicht nur, weil er der erste linke Präsident in der Geschichte des südamerikanischen Landes ist, sondern weil damit ein weiterer Staat südlich des Rio Grande der direkten Einflusssphäre Washingtons entgleitet. Schon seit einiger Zeit regieren in Brasilien, Venezuela und Argentinien demokratisch gewählte linke Staatschefs, deren politische und wirtschaftliche Vorstellungen nicht mit dem neoliberalen, unilateralen US-Modell übereinstimmen. Es ist ein deutliches Symbol in Richtung Washington, wenn die Präsidenten dieser Staaten nun geschlossen in Montevideo zur Machtübergabe aufmarschieren. Bis heute versuchen die USA fast alles, um in ihrem Hinterhof freundlich gesinnte Regierungen an die Macht zu bringen. In Bolivien intervenierte der US-Botschafter bei der letzten Wahl massiv, um einen Sieg des linken Kokabauern Evo Morales zu verhindern. Ähnlich agierten US-Diplomaten in El Salvador und Nicaragua - mit Erfolg. Und wenn vorbeugender Druck nichts hilft, greifen die USA auch zu fragwürdigeren Methoden, wie die Verwicklung in den gescheiterten Umsturzversuch gegen Venezuelas Präsidenten Hugo Chavez 2002 zeigt. Das verwundert nicht, sind doch in Washington einige erfahrene Kalte-Kriegs-Veteranen am Hebel: Roger Noriega als Staatssekretär für Lateinamerika etwa oder Geheimdienstkoordinator John Negroponte. Offiziell begründen sie ihre Sorge mit politischer Instabilität, doch spielt der Zugang zu Rohstoffen eine große Rolle. Sollten Linkspopulisten etwa in Bolivien oder Mexiko die Überhand gewinnen, drohe eine Welle von Aufruhr und Antiamerikanismus, hieß es in einem Geheimdienstbericht. Die Gründe für den Linksruck im Hinterhof der USA sind vielfältig: Alle linken Präsidenten sind das Ergebnis einer tiefen Wirtschaftskrise und des Vertrauensverlustes der Wähler in die traditionellen, bürgerlichen Parteien. Alle vier betonen die Sozialpolitik und die Rolle des Staates, plädieren für eine stärkere regionale Integration und Eigenständigkeit, sind Kritiker des Neoliberalismus und sehen die Überschuldung des Kontinents mit Sorge. US-Präsident George Bush seinerseits hat den Subkontinent seit den Anschlägen vom 11. September ziemlich vernachlässigt. Während US-Soldaten in Afghanistan und im Irak kämpften, hat sich das politische Panorama in Lateinamerika leise, aber grundlegend verändert. Chavez hat einen regionalen Energiekonzern und einen regionalen TV-Sender ins Leben gerufen und zusammen mit Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva und dem argentinischen Präsidenten Néstor Kirchner die Gemeinschaft Südamerikanischer Staaten aus der Taufe gehoben, der sich alle Länder südlich von Panama angeschlossen haben. Washington täte gut daran, sagt der Analyst Andres Oppenheimer, sich ein wenig substanzieller mit dem Subkontinent zu befassen. Immerhin exportieren die USA mehr nach Lateinamerika als in die Europäische Union, und Washington unterhält auf dem Kontinent gut ein halbes Dutzend Militärbasen. In Lateinamerika befinden sich nicht nur Erdöl- und Erdgasfelder, der Kontinent hat eine der größten Biodiversitäts-Dichten der Erde und beherbergt riesige Wasservorkommen.
SANDRA WEISS, MONTEVIDEO
Quelle: www.hz-online (Artikel nicht mehr verfügbar)


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