Auf der Suche nach einem verlorenen Weltstar . . .

07.02.2005 12:34
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#1 Auf der Suche nach einem verlorenen Weltstar . . .
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Rey/Reina del Foro

Auf der Suche nach einem verlorenen Weltstar . . .
Maradona: Das Abendblatt suchte Argentiniens Idol auf Kuba - und erfuhr, warum Diego nicht zum Länderspiel nach Deutschland kommt.

Von Christian Pletz

Havanna - Der blasse Junge im Rollstuhl heißt Toni und ist zwölf Jahre alt. Er steht im Eingangsbereich des "Internationalen Gesundheitszentrums La Pradera" in Havanna und wartet. Als der weinrote Toyota-Geländewagen mit getönten Scheiben vorfährt, wird Toni unruhig. Die Fahrertür öffnet sich und ein kleiner, leicht untersetzter Mann mit lichter Stirn kommt heraus. Toni, der sein Stück Papier und seinen Stift bereits gezückt hat, läßt die Schultern sinken: "Das ist nicht Diego."

Kuba ist keine Fußball-Nation. Keiner der Einheimischen kennt Franz Beckenbauer, nur wenige können mit Pele etwas anfangen. Nur bei Diego Armando Maradona blitzen die Augen aller Kubaner. Ob Taxifahrer, Portier, Telefonistin oder Kellner: Den Argentinier kennt hier jeder. Allerdings nennen sie ihn nicht - wie auf Kuba üblich - bei seinem Vornamen Diego. Wenn sie von der schillerndsten lebenden Fußballfigur sprechen, benutzen die meisten den Spitznamen "El Loco", der Verrückte.

Sein Name ist Programm. Maradona hat auch als Ehrengast des kubanischen Staatschefs Fidel Castro in der Landeshauptstadt vieles dafür getan, um sein spektakuläres Image zu pflegen, das ihm nicht erst seit seinem WM-Ausschluß 1994 in den USA wegen Dopings anlastet. "Für Diego gibt es keinen Unterschied zwischen Tag und Nacht", erzählt Gonzalo Nicanor González, der sich bei der Abendblatt-Kontaktaufnahme zu Maradona als "Spezial-Manager" des Ex-Profis ausweisen kann. Die Einwohner Havannas können seine These bestätigen. In Nachtclubs, Diskotheken und einigen Restaurants sind spezielle VIP-Ecken für den Staatsgast reserviert. Im "Macumba" beispielsweise, einer Großraum-Diskothek, in der sich sonntags von 17 bis 23 Uhr gut 1200 Gäste tummeln und beim Tophit "Gasolina" von Daddy Yankee ausflippen, verrät ein Barkeeper: "Diego sitzt mit seinem Mädchen und seinen Freunden oft an Tisch 61, da wird gefeiert und getrunken."

Maradona hat sein wildes Leben am Limit, das ihn schon als Exzentriker des italienischen Erstligaklubs SSC Neapel und als Nationalspieler kennzeichnete, nie aufgegeben. Und nicht in den Griff bekommen. "Seit er nicht mehr trainiert, hat er ein riesiges Problem", sagt González und deutet mit einer Handbewegung die Körperfülle seines Chefs an: "Diego bekommt sein Gewicht nicht unter Kontrolle. Er ißt liebend gerne Fast Food und Pasta, bewegt sich kaum und wird immer dicker."

Im Gesundheitszentrum "La Pradera", wo Maradona in Bungalow "K 2" abgeschirmt wie ein geheimer Staatsgast lebt, sollen sich die Ärzte der in der Anlage integrierten Klinik mit Ernährungswissenschaftlern, Diätspezialisten und zwei abgestellten Köchen eigentlich um das Gewichtsproblem kümmern. "Doch das ist fast unmöglich", sagt einer der Maradona-Betreuer. Weil der offiziell als Gast und nicht als Patient im Hotel geführte Südamerikaner esse, wann, was und soviel er wolle, machen sich die medizinischen Begleiter große Sorgen um Maradonas Leben. "Lange geht das nicht mehr gut", sagt auch González. Die Ärzte der Klinik sind auf mögliche Herzprobleme vorbereitet, es soll sogar einen extra Notfall-Plan nur für Maradona geben.

Unter Druck können sie ihr Sorgenkind nicht setzen, auch eine Zwangsdiät scheint aussichtslos. Der Grund: Die Nummer zehn des Weltmeisterteams von 1986 steht unter besonderem Schutz seines Freundes Castro. Das Personal von "La Pradera" ist angehalten, dem 44jährigen jeden Wunsch zu erfüllen.

Wie ernst diese Anweisung gemeint ist, erlebt man auf dem riesigen Klinik- und Hotelgelände im Bezirk Siboney 30 Minuten entfernt vom Stadtkern Havannas hautnah. Die Rezeption muß alle Personen, die sich für Maradona interessieren, überprüfen und melden. Telefonate dürfen nicht ohne ausdrücklichen Wunsch eines Maradona-Vertrauten in Bungalow "K 2" durchgestellt werden. Bei Zuwiderhandlungen droht die sofortige Entlassung. Im Eingangsbereich des unter Militäraufsicht stehenden Geländes patrouillieren zu jeder Tageszeit zwei Wachleute, rund um Maradonas Bungalow sind noch einmal drei postiert - bewaffnet.

Die derzeitigen Patienten der 180 Betten umfassenden und ausgebuchten Hotel-Klinik stammen zu 90 Prozent aus Venezuela. Es sind vorwiegend Kinder eines medizinischen Austauschprogrammes der befreundeten Staatsoberhäupter Hugo Chávez und Fidel Castro. Kinder mit amputierten Gliedmaßen oder entstellten Gesichtern werden über die Flure geschoben. Maradona bekommt diese deprimierenden Bilder kaum zu sehen. Wenn sich der Wahl-Kubaner von seinem Chauffeur Guaro in seiner 80 000-Dollar-Karosse ins Nachtleben oder auf einen seiner drei Lieblingsgolfplätze fahren läßt, vermeidet er den Blick auf die kleinen, mitleiderregenden Patienten.

Daß sein Ruf vor allem in Europa wegen jahrelanger Drogenprobleme (Kokain) komplett zerstört ist, scheint "el pibe", den Kleinen, nicht zu stören. Wie damals, als er die Zuschauer in den Stadien schon mit seinen Ball-Zaubereien während des Aufwärmprogramms vor den Spielen in Verzückung versetzte, ist Maradona auf Geld fixiert. Seine Forderungen sind maßlos: Für ein Zeitungsinterview verlangt er 50 000, für ein TV-Gespräch 100 000 US-Dollar. Cash.

Der 1,65 Meter große und mittlerweile fast 105 Kilogramm schwere argentinische Ex-Weltfußballer hat es offenbar nötig. "Sein früherer Manager Coppola hat ihn um viele Millionen betrogen, er hat seine Freundschaft mißbraucht und ihn ausgenutzt", sagt González, bevor er zu Maradonas PR-Reise nach Athen fliegt. 300 000 Dollar haben die Griechen Maradona für drei Tage in der Landeshauptstadt zugesagt.

Doch nach der Rückkehr ist González auf Kuba nicht zu erreichen. Der verabredete Termin mit dem Abendblatt und Maradonas Freund aus früheren Zeiten, Wolfgang Kuhlmann, verstreicht ohne Nachricht des Managers. Erst drei Tage später erzählt ein Vertrauter Maradonas, daß es in Griechenland Zoff gab, weil nur ein Teil der 300 000 Dollar gezahlt wurden, woraufhin Maradona seinen Manager sofort rausgeworfen habe.

"El Loco" ist eben unberechenbar - und unzuverlässig. Kuhlmann bekommt ihn in "La Pradera" tatsächlich für zwei Minuten zu Gesicht, allerdings vertröstet ihn der ehemalige Freund im Lotter-Look: "Ich habe jetzt keine Zeit, wir sehen uns später." Er beauftragt den Hamburger jedoch noch, Kontakte zum deutschen Fernsehen herzustellen - im Hinblick auf Argentiniens Länderspiel in Düsseldorf. Seine Psyche wirkt nach wie vor angekratzt. Er behauptet aber immer wieder: "Ich habe keinerlei Drogenprobleme mehr!"

Mittlerweile ist Maradona im fünften Jahr auf Kuba. Seine neue Liebe, die 21jährige Adonay Frutos aus der 100 Kilometer entfernten Region Matanzas, bestimmt seinen Alltag. Die ehemalige Café-Bedienung ist zu seinem neuen Lebensinhalt geworden: Essen, Schlafen, Golfen, Adonay.

Trotz allem hat er seine neue Umgebung im Griff. Als Kuhlmann und der Abendblatt-Redakteur am letzten Tag auf Kuba trotz des dritten vereinbarten Termins mit Maradona nach dreistündiger Wartezeit ins Taxi steigen und entnervt den Rückweg ins Hotel antreten, bekommt der Taxifahrer, einer von Tausenden auf der Insel, auf halber Strecke einen Anruf: Umkehren! Vor der Klinik wartet Guaro, der Chauffeur, und entschuldigt sich. Maradona habe zwar keine Zeit, aber er würde sich über eine Kontaktaufnahme zum deutschen Fernsehen sehr freuen. Auch kurzfristig sei gegen Bares etwas möglich. Maradona reist allerdings vom 12. Februar bis 1. März zu einem Heimaturlaub nach Buenos Aires. Zum Länderspiel am Mittwoch kommt er nun nicht - mangels lukrativer Angebote.

Toni, der Junge im Rollstuhl, hat mitgehört. Er fährt auf Guaro zu und drückt ihm den leeren Zettel in die Hand. "Besorgst du mir Diegos Autogramm?" Der Chauffeur nickt: "Ich weiß aber noch nicht, wann er aufwacht . . ."

erschienen am 7. Februar 2005 in Sport

Quelle:http://www.abendblatt.de/daten/2005/02/07/395999.html


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07.02.2005 21:39
avatar  Sharky
#2 RE:Auf der Suche nach einem verlorenen Weltstar . . .
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Top - Forenliebhaber/in

In Antwort auf:
Der 1,65 Meter große und mittlerweile fast 105 Kilogramm schwere argentinische Ex-Weltfußballer

na, da habe ich mich aber verschätzt.ich dachte eher an 120kg

In Antwort auf:
zu Maradonas PR-Reise nach Athen fliegt.

zufällig habe ich Ihn da im Fernsehen gesehen.
Salu2 Sharky


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