Die regimetreue Liedermacherlegende Silvio Rodríguez sorgt mit einem vor einigen Tagen auf einer staatlichen kubanischen Webseite veröffentlichten Interview für Wirbel. Der populäre Vorzeigemusiker und Gründer der Nueva Trova galt in den 1960ern ursprünglich mal als unangepasster Querdenker und später als lateinamerikanische Kultur-Ikone, hat aber in entscheidenden Fragen dann doch immer wieder die absolute Unfehlbarkeit von Fidel nachgebetet und im Gegenzug große Privilegien genossen. Seit drei Jahren gibt er auf Kuba keine Konzerte mehr auf normalen Bühnen, sondern tritt bevorzugt in benachteiligten Gegenden auf: den heruntergekommenen Barrios der Außenbezirke und der Provinznester, die mehr mit seiner Herkunft zu tun haben als mit seinem aktuellen Lebensstil der letzten Jahrzehnte. In einem längeren Interview mit Cubadebate hat der Freund und Bewunderer der Brüder Castro jetzt unter anderem zugegeben, dass er die ganze Zeit keine Ahnung vom wirklichen Leben der nichtprivilegierten Menschen in seinem Land hatte und dass ihm erst seine Abstecher in die einfachen Wohnviertel die Augen geöffnet hätten: "Die Leute sind arm dran, sehr arm dran — viel ärmer dran als ich dachte." (He aprendido que la gente está jodida, muy jodida, mucho más jodida de lo que pensaba. — unterschiedliche Übersetzungen möglich.) Außerdem habe das mit dem Kommunismus und der Herausbildung einer höherwertigen Kultur offenbar doch nicht so gut funktioniert wie gehofft. Jetzt erntet Rodríguez Verwunderung, Protest und Spott dafür, dass er erst jetzt die Lebensrealität des Volkes sehen will, als dessen Sohn er sich seit Jahrzehnten versteht. Bisher gibt's das (fast) alles nur auf Spanisch...

Interview auf Cubadebate.cu: Silvio Rodríguez: Uno no es ni famoso, ni exitoso, ni ningún oso
http://www.cubadebate.cu/noticias/2014/0...so#.U6mWT4vzA70

Einige Reaktionen:
Silvio Rodríguez: “La gente está mucho mas jodida de lo que yo pensaba..” / "People are more screwed up than what I thought"
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