Leonardo Padura: Adiòs Hemingway

28.08.2006 13:28
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#1 Leonardo Padura: Adiòs Hemingway
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Rey/Reina del Foro

Leonardo Padura: Adios Hemingway

Der kubanische Schriftsteller legt nach dem Havanna-Quartett einen weiteren Krimi vor, diesmal mit einem Nobelpreisträger in der Hauptrolle

Der Polizeileutnant a.D. Mario Conde wollte eigentlich nie mehr für die Polizei arbeiten und sein Leben als Schriftsteller und Buchhändler in Havanna geruhsam verbringen. Als ihm sein ehemaliger Partner, Teniente Palacios, einen speziellen Fall anträgt, kann er aber nicht Nein sagen: auf dem Anwesen von Ernest Hemingway, das seit dessen Tod 1961 ein Museum ist, wird eine Leiche gefunden – zu allem Überfluss mit einer FBI-Marke in der Tasche. Natürlich gerät der amerikanische Schriftsteller unter Verdacht – aber könnte nicht auch einer seiner kubanischen Angestellten der Täter gewesen sein? Conde fängt an zu ermitteln, in der Wirklichkeit und in der Literatur, setzt sich erneut mit Hemingway auseinander, der früher einmal sein grosses Vorbild war, von dem er sich dessen menschlichen Schwächen wegen aber abgewandt hatte. Der Detektiv und mit ihm der Leser ist hin- und hergerissen zwischen Zu- und Abneigung zum grossen Schriftsteller. Abwechselnd wird die Begebenheit von 1958, die mit einem toten Amerikaner endete, und die Ermittlungen 40 Jahre danach beschrieben; so pendelt der Roman zwischen zwei Ebenen, der Leser ist dem Detektiv immer einen Schritt voraus, und er allein erfährt die volle Wahrheit.

Ernest Hemingway

Paduras Roman ist nicht nur ein spannender Krimi, sondern auch eine Reflexion über das Verhältnis von Literatur und Wirklichkeit. Ausserdem ist es eine Auseinandersetzung mit Hemingway, eine Annäherung an einen Abschnitt seines Lebens kurz vor seinem Tod anhand einer fiktiven biographischen Erzählung. Die Schritte des Ermittlers und des Tatverdächtigen – mit einer zeitlichen Distanz von fast einem halben Jahrhundert – können vom Leser auf den zwei Handlungsebenen des Romans verfolgt werden. Die grossen Mengen an Sarkasmus und Rum, die Darstellung des eigenwilligen Schriftstellers sowie das Spitzenhöschen von Ava Gardner, Hemingways zeitweiliger Geliebter, runden den Roman ab, in dem man allerdings wenig von der Realität Kubas ausserhalb des Hemingway-Museums erfährt. Castros Diktatur oder der Alltag der Polizeiarbeit bleiben aussen vor, wichtig ist Kuba nur als Exil Hemingways. Wer mehr über das Land selber erfahren will, sollte es vielleicht mit Paduras Havanna-Quartett versuchen; Krimi- und Hemingway-Aficionados werden von „Adios Hemingway“ gefesselt sein.

Der Autor
Leonardo Padura Fuentes, 1955 in Havanna geboren, arbeitete nach dem Studium der Literaturwissenschaften zunächst als Journalist, bis er in den 90er Jahren anfing Bücher zu schreiben und den kubanischen Kriminalroman von Grund auf erneuerte.

Leonardo Padura: Adiòs Hemingway, Unionsverlag 2006, 192 Seiten, CHF 31.40

Mehr Infos unter:
http://www.unionsverlag.com

28.08.2006
Publiziert von: Lukas Meyer-Marsilius

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