Die Revolution versinkt im Bühnen-Nebel
Die Revolution versinkt im Bühnen-Nebel
"Cuban National Television Ballet" zu Gast im fast ausverkauften Rüsselsheimer Theater
Karibische Urlaubsstimmung versprühten die Tänzerinnen und Tänzer aus Kuba.
Foto: gvs
Vom 20.11.2004
Von unserem Mitarbeiter
André Domes
RÜSSELSHEIM Kuba scheint hoch im Kurs zu stehen, zumindest wenn man von den Zuschauerzahlen im Rüsselsheimer Stadttheater ausgeht: Ein tänzerisch-musikalisches Länderportrait, so die kurze Ansage vor Beginn der Veranstaltung, wollte das "Cuban National Television Ballet" am Donnerstagabend zeichnen. Die Tanzshow "Buena Vista Salsa Havanna" wurde dem selbst gesetzten Anspruch vor nahezu ausverkauftem Haus allerdings nur zum Teil gerecht.
Denkt man an den Karibikstaat, so sind die Assoziationen schnell bei der Hand - Rum, Zigarren, Tanz, Musik, aber auch Armut, Embargo, Sozialismus und der unerschütterliche Fidel Castro. Die Tanzshow des nationalen TV-Balletts ließ die zweite, weniger werbewirksame Gruppe von Konnotationen am Donnerstag weitgehend außen vor.
Der zugegeben fast unerschöpfliche Schatz an kulturellen Einflüssen unterschiedlicher Herkunft, Liedern und Tänzen bildete das Gros der in viele Einzeldarbietungen unterteilten Show. Urlaubsatmosphäre war also angesagt - und das große Ensemble an Tänzerinnen und Tänzern vermochte diese perfekt zu versprühen. Begleitet von einer exzellenten Liveband, in der Mitte der in zwei Ebenen geteilten Bühne postiert, zeigte das Tanzensemble eine in zumeist anregend knappe Kostüme verpackte Mischung aus klassischem Ballett, Show- und Gesellschaftstanz und den traditionellen kubanischen Stilen. Zwei Sänger und eine Sängerin verliehen dem Programm zudem eine Stimme.
Tänzerisch umgesetzt wurden, neben den vielen "normalen" Szenen aus dem Straßenleben und Liebesgeschichten, auch einige historische und landeskundliche Themen. So gab es beispielsweise ein humorvoll choreographiertes Match des kubanischen Nationalsportes Baseball, oder Reminiszenzen an die afrikanischen Wurzeln des kubanischen Volkes.
Nur kurz wurde auch auf die Revolution in den fünfziger Jahren Bezug genommen, viel mehr als einige uniformierte, Fahnen tragende Tänzer mit ernsten Minen gab es allerdings hier nicht zu sehen.
Zweifelhaft wirkte auch der fast verschwenderische Einsatz zweier Nebelmaschinen, die im Dauerfeuerbetrieb eingestellt die Sicht auf den hinteren Bühnenteil manchmal doch arg behinderten.
Dank der Livemusik behielt "Buena Vista Salsa Havanna" aber die gesamte Spielzeit über große Lebendigkeit, mit einem starken Bläsersatz und großer Rhythmusgruppe sorgte die Band für hohe Lautstärken und authentische Klangkulisse. Ob Merengue, Son, Rumba oder Salsa - alle Musiken wurden mit eindrucksvoller Leichtigkeit ins Publikum gefeuert. Nicht fehlen durften natürlich auch Songs wie "Chan Chan" und "El Cuarto de Tula". Die spätestens seit Wim Wenders´ erfolgreicher Dokumentation mit ihrem noch erfolgreicherem Soundtrack in Deutschland in kaum einer musikalischen Hausapotheke mehr fehlen. Charmant mit den Augen zwinkernd gab das Gesangstrio schöne Interpretationen auch von Volksweisen wie "Guantanamera" oder Liebesliedern mit hingebungsvoll schmachtendem Timbre.
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