Mit Ines und Heike von Kubakrise zu Kubakrise

25.01.2005 00:17 (zuletzt bearbeitet: 25.01.2005 00:17)
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Rey/Reina del Foro

Mit Ines und Heike von Kubakrise zu Kubakrise
Musikkabarett vom Feinsten, serviert von Ines Martinez alias Ines Füldner in der Galerie der Stadt Wendlingen

WENDLINGEN. "Kubakrise!" schreit das Programm rot und laut mit Ausrufezeichen, als wär's ein Ausriss aus dem berühmten Vierbuchstabenblatt, wo die Überschriften in umgekehrt proportionalem Verhältnis zur Größe des nachfolgenden Artikels stehen. Politisches Kabarett? Nein, Musiccomedy steht unten drunter und das bedeutet, dass statt eines staubtrockenen Kabarettisten auf der Bühne ein entfesselter Tornado aus Musik, Farbe und Bewegung steht. Dafür garantiert Ines Martinez, die vielen sicher noch als Ines Füldner des Stuttgarter Vokaltrios "Honey Pie" in guter Erinnerung ist. Seit 2001 ist sie erfolgreich solo unterwegs, was ihr 2003 sogar den Gewinn des baden-württembergischen Kleinkunstpreises eingebracht hat.

Am Sonntagabend gastierte sie mit ihrem neuen Programm in der Galerie der Stadt Wendlingen. Dort reichten die Stühle kaum aus, als "La Martinez" Einzug hielt, begleitet von zwei vielseitigen Compagneros, Hannes Schautz am Piano und Jogi Nestel an den Percussions und beide stilecht gestylt in lockiger Mähne und mit Haargel verzierter Frisur, mit weit geöffnetem Satinhemd und, das muss natürlich sein, mit einer überdimensionierten Goldkette im Ausschnitt. Und erst Ines Martinez, die in fantastischer Kostümierung die Bühne besetzt und ihr Publikum mitreißt.

Die wechselnden Kostüme, ob geschmackloser Glitzerpareo, grüner Catsuit, Militärjacke samt Fidelbarett, wild gemusterter Kaftan oder gar die Ausstattung eines XXL-BH aus bonbonfarbenen Zuckergussrüschen sind perfekt getroffen und gleichzeitig zum Schreien komisch.

Urlaubsmentalitäten parodiert

Doch weshalb hat Martinez gerade Kuba in Comedy-Form gebracht? Sie kennt das Land sehr gut, nicht zuletzt durch ihren kubanischen Ehemann. Ihr erster Besuch in Kuba war die berühmte Liebe auf den ersten Blick, die Menschen auch angesichts eines fremden Landes befallen kann. Als naive deutsche Urlauberin samt ihrer besten Freundin Heike parodiert sie Urlaubsmentalitäten, und das alles klingt deshalb wohl auch so authentisch, weil Ines Martinez einige Pointen ihres Kuba-Programms in ihrem ersten real existierenden Urlaub in Fidel-Land selbst hautnah erlebt hat.

Der Einstieg ins Programm beginnt mit einem künstlerischen Kniff. Die beiden lebenshungrigen Freundinnen werden bei einem Wasserskiausflug direkt aus der westlich-dekadenten Sphäre Miamis in das nicht minder seltsam schillernde Reich Kubas versetzt. Sie landen beinahe textilfrei und völlig mittellos in der Schweinebucht, jenem Inbegriff der Kubakrise 1961, als sich die USA und die ehemalige Sowjetunion bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden und jeder nur darauf wartete, wer zuerst zuckte.

Kuba als Klischee

Von dort aus beginnt Ines Martinez ihren selbstironischen Parforceritt durch das Land, das viele vorzugsweise mit Palmen, Zigarren und der lässig-melancholischen Musik des Buena Vista Social Clubs in Verbindung bringen. Als Rettungsanker aus der persönlichen Kubakrise der beiden Urlauberinnen entpuppt sich Juan, der sie unter ihre Fittiche nimmt und vor allem außer Cuba Libre auch etwas Habhaftes für den Magen verspricht. Das Warten auf etwas Essbares zieht sich als Running Gag wie ein roter Faden durchs Programm, wird aber in den einzelnen Musiknummern auch rhythmisch der Situation immer neu angepasst.

Derweil versuchen die frustrierten Pauschalurlauberinnen ihren nagenden Hunger mit Tanzen zu betäuben. Anfangs ist es noch das arg hüftsteife Gewackel typischer Mitteleuropäerinnen, was Martinez hier lustvoll-ironisch vorexerziert, um sich dann in Richtung echtem Salsa-Rhythmus zu steigern. Das gibt ihr die Gelegenheit, sich danach lustvoll den zwischenmenschlichen Faktoren von Tanzschulen zuzuwenden, die lateinamerikanische Rhythmen im Programm haben und Salsa-Bums-Ballungsräume fördern.

Köstlich ist die Nummer mit der Erdnuss, als Ines Martinez nach stundenlangem Warten wenigstens zwei Hand voll Nervennahrung zusammenraffen kann, von der ihr zum Schluss nur eine übrig bleibt, und die kullert auch noch auf den Boden. Heroisch stürzt sie sich rappend der essbaren Kostbarkeit hinterher, bis diese wiedergewonnen ist, und verteidigt wie ein Raubtier zähnefletschend ihre Beute. "Satt!", seufzt sie erleichtert, als die Nuss endlich verschluckt ist, und das Publikum brüllt vor Lachen.

Temporeiche Verwandlung

Solche Nummern folgen am laufenden Band. Mal mimt Ines Martinez einen alten Kubaner im Liegestuhl, der über das ewige Gemecker seiner Angetrauten lamentiert: "Denn ich bin ein Mann, und so kommt mir keine an", und nimmt den Machismo aufs Korn. Dann wieder wechselt sie flugs von einer fahrenden Blechtrommel, sprich Taxi, in die Flotte Lotte, sonst eher als wackere Küchenhelferin bekannt, hier jedoch eine gelenkige Lachnummer.

Das Publikum in der Galerie ist restlos begeistert von Martinez' neuem Programm, das erst im November Premiere hatte. Die Texte hat sie selbst geschrieben, die Musik zum Teil ebenfalls komponiert, und so wird die Kubakrise zur Parodie einer persönlichen Urlaubskrise mit ironischen Seitenblicken auf die Kultur des Inselstaates. Ines Martinez und die Musiker an ihrer Seite brachten das Publikum am Schluss problemlos noch dazu, ein wenig Salsa zu üben, und alle schwenkten begeistert sämtliche zur Verfügung stehenden Hüftknochen.

http://www.ntz.de/lokalnachrichten/wendl...wnews&id=515123


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