Bank auf dem Campo

21.07.2009 22:56 (zuletzt bearbeitet: 21.07.2009 23:00)
#1 Bank auf dem Campo
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Forums-Senator/in

Es war einmal eine kleine Bank auf dem Campo in der Region Camagüey. In diesem Kaff gibt es 2 Banken und eine Cadeca. Die Bank bei der ich sonst immer mit meiner Karte abhob, hatte leider keine Verbindung und ich mußte mir eine Alternative suchen. Die blondierte Mittedreißigerin hinter dem Schalter der Cadeca feilte an ihren Fingernägeln herum und meinte: Karten aus Europa würden in Euro abgerechnet und sie würden nur Dollar aktzeptieren. Außerdem würden sie diese Woche nur ungerade Kreditkarten-Nummern akzeptieren ...???... ok, Cuba,... gehe ich halt auf die andere Bank. Diese Entscheidung sollte sich noch als Fehler erweisen. Auf der sogenannten BPA Bank waren keine Kunden vor mir - freude - und so ging ich schnurstraks auf den Schalter zu. Dorthinter verbarg sich eine leicht füllige, Mittevierzigerin, gepflegt mit straff nach hinten zusammengebundenen Haaren und einem soveränen Lächeln bei meinem Anblick. Einem selbstbewußten Lächeln, welches ausdrücken sollte: "Ich habe schon alles in meinem Leben gesehen und ich bin jeder Situation gewachsen" - denkste...

Als ich dann meine Karte und Ausweis zückte, schnappte sie sich ein Buch mit vergrößerten Abbildungen gängiger Kreditkarten und fing an zu blättern. Sie musterte abwechselnd die Abbildungen, meine Karte und wiederum mich mit kritischen Blicken und ihre Falten über den Augenbrauen wurden immer steiler. Als sie denn das Buch durch hatte, klappte sie es mit einem lauten Bums zu und meinte, meine Karte würde nicht existieren. Auf mein bitten, besagtes Buch nochmal aufzuschlagen und als nach der Hälfte der Visakarten endlich auch einmal eine Mastercard auftauchte, deutete ich darauf und meinte diese sei wie meine. Die drei Merkmale dieser Karte stimmten mit meiner überein, leider aber nicht die Farbe und bei einer kandadischen Bank hatte ich meine Karte auch nicht bekommen. Nach gutem Zurreden und meiner Bemerkung, es gäbe weltweit noch ein paar weitere Banken auf der Welt, außer eben dieser kanadischen, ließ sie sich doch glatt dazu hinreißen, sich der Sache weiterhin anzunehmen. Danach verglich sie mehrfach den Kurs auf der Tafel an der Wand und tippte für cubanische Verhältnisse hektisch auf in ihrem Taschenrechner herum. Nach einer Weile zeigte sie mir den Dollar-Betrag und den CUC-Betrag, den ich zu erwarten hätte und ich hegte schon die Hoffnung, nach einer halben Stunde schon mein Geld bekommen zu können - falsch gedacht... Ich sollte nur noch schnell den Beleg unterschreiben, um dann mein heiß erwartetes Geld in Empfang zu nehmen. Mit raumgreifenden Lettern schmierte ich meine Unterschrift unter den Beleg und nun ging der 2.Teil des Theaters los. Ich erinnere mich noch, daß das Feld im Reisepaß ein wenig beengt war und - ihr ahnt es schon - meine Unterschrift sah ein wenig anders aus. Nachdem ich rund 20 Mal auf diversen Zetteln unterschrieben hatte, zuckte sie nur mit den Schultern und meinte lakonisch, mir das Geld nicht auszahlen zu können. Meine Unterschrft sei nicht korrekt. Ich kramte daraufhin die Belege erfolgreicher Abbuchungen hervor aus Havanna (6 Minuten bis zur Auszahlung) und Santiago ( 4 Minuten bis zur Auszahlung) und meinte dort sei es kein Problem gewesen. Nach einer eindringlichen Musterung der Belege, meines Passes und meiner Karte und diversen weiteren kritischen Vergleichen meines Passes und dem dortigen Foto und mir als Original ließ sie mich dann doch noch ein weiteres Mal auf meinem Beleg und auf der Rückseite unterschreiben. Meine Bemerkung: Abheben in Europa eine Minute - Abheben hier auf Cuba eineinhalb Stunden, erntete bei der gesamten Bankbelegschaft, die sich zwischenzeitlich um uns geschart hatte, schallendes Gelächter. Auf ihr daraufhin ernst und finster dreinblickendes Gesicht, konnte ich nur mit äußerster Anstrengung ein zucken um meine Mundwinkel unterdrücken...

Als ich dann doch - wieder erwarten - mein Geld erhalten hatte und die Bank verließ, konnte ich mich endlich ausschütten vor Lachen und habe die frisch erworbene Barschaft teilweise gleich mal in Rum und Bier an der Tienda umgesetzt, die gerade noch offen hatte.

...Cuba!!!...

manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum

(Ernst Jandl)

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21.07.2009 23:13 (zuletzt bearbeitet: 21.07.2009 23:16)
avatar  seizi
#2 RE: Bank auf dem Campo
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Rey/Reina del Foro

Zitat von Castaneda
... mein Geld erhalten hatte und die Bank verließ, konnte ich mich endlich ausschütten vor Lachen ...


Gut geschrieben, deine Geschichte. Kuba live.
Und scheinst ja Nerven aus Stahl zu haben.

Ich selber hätte nach ca 1 Stunde vergeblichen Wartens die "füllige Mittvierzigerin" wahrscheinlich erwürgt.

Nur gut, dass ich immer alles in bar dabei habe - und die Visakarte nur für Notfälle.


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21.07.2009 23:27
#3 RE: Bank auf dem Campo
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Rey/Reina del Foro

Hab' auch schön Campo ohne Bargeld - immer ein Vabanque-Spiel (im wahrsten Sinne der Bedeutung: "Es gilt die Bank")

Toleranz als gesellschaftliche Tugend wird meist von denen gefährdet, die unter ihren Schutz fallen...

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21.07.2009 23:30
#4 RE: Bank auf dem Campo
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Forums-Senator/in

Zitat von seizi

Und scheinst ja Nerven aus Stahl zu haben.

Ich selber hätte nach ca 1 Stunde vergeblichen Wartens die "füllige Mittvierzigerin" wahrscheinlich erwürgt.

Nur gut, dass ich immer alles in bar dabei habe - und die Visakarte nur für Notfälle.


Danke für die Blumen , aber ich hatte keine Wahl, da sich mein Vorrat an CUC erschöpft hatte und ich zumindest wegen Alkoholika Devisa brauchte. Achja, ich vergaß noch zu erwähnen, daß diese Bank nicht gekühlt (bis auf die kleinen Ventilatoren an den Schaltern für die Angestellten) war und mir die Soße in Strömen heruntersuppte. Auch hielt mich der muskelbepackte Aufpasser von derartigen Aktion wie würgen, oder weiteren Aktionen, ab. Da ich in den letzten Jahren immer wieder Probleme mit dem Limit der Kreditkarte hatte, wollte ich mir meine letzten Euros für Notfälle aufheben. Sonderbarerweise war ich an diesem Tag relativ entspannt und konnte es von der komischen Seite her auffassen.

manche meinen
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werch ein illtum

(Ernst Jandl)

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