Paisaje con río y Baracoa de fondo

29.05.2009 20:51
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#1 Paisaje con río y Baracoa de fondo
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Cubaliebhaber/in

"Paisaje con río y Baracoa de fondo"
Autor: Luis Leante
ISBN No. 978-84-663-2263-8
Santillana Ediciones Generales, Madrid.

Per Zufall in der Buchhandlung Romanica, Zürich, gefunden. Preis CHF 16.80.


Die Hauptperson des Buches, Robertico, verbrachte die ersten 20 Jahre seines Lebens an einer Biegung des río Miel ausserhalb Baracoas.

40 Jahre später kehrt er nach Baracoa zurück und erinnert sich an seine Kindheit. Dabei gehen in dieser Geschichte Erinnerungen, geschichtliche Tatsachen und Erfundenes fliessend ineinander über und sind mit einer Prise Magie und Aberglauben gewürzt.
Beispielsweise redet Robertico immer von den Wirbelstürmen Karelia und Lucía; ich konnte aber bei einer google-Suche keine solche Namen finden, und für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wirds sowieso schwierig. Und der alte Robertico findet das Hotel la Rusa verlottert vor; das muss auch erfunden sein.

Die folgenden Personen spielen im Leben Roberticos eine wichtige Rolle:

Roberticos Vater, Besitzer der Rum-Distille und Alpha-Tier des Dorfes;
die Nena Tonta, die geistig zurückgebliebene ältere Schwester Roberticos, welche einen tragischen Tod stirbt;
El Gato, Friedhofarbeiter und Sargschreiner von Beruf; nebenbei kommuniziert er mit den Toten;
La Nena Chica, wohlbeleibte Besitzerin des lokalen Puffs-cum-Kneipe, wo sieben ihrer acht Töchter arbeiten (die jüngste ist noch nicht geschlechtsreif);
La Rusa mit ihrem Hotel (Robertico ist Zeuge ihrer Ankunft in Baracoa);
Don Antolín, der Arzt mit der Tendenz, Frauen in seiner Praxis von hinten zu nehmen;
die Santera mit ihren Liebeszaubern; direkte Konkurrentin von Don Antolín in der Krankenpflege;
Paulino,sein bester Kumpel und der einzige im Kaff, der lesen und schreiben kann;
la dulce Marilín, die jüngste Tochter der Nena Chica und grosse Liebe Roberticos.

Die Farola ist noch nicht gebaut; man hat keine Ahnung vom Rest der Welt und ist - mit Ausnahme von Paulino - Analphabet. Abgesehen von den üblichen Liebesgeschichten herrscht tote Hose.

Aber eines Tages kommt ein französischer Kunstmaler nach Baracoa und mietet sich im Hotel la Rusa ein. Das ist ein Grossereignis hier am Ende der Welt. Robertico wird sein Handlanger. Nach einer Weile zieht der Franzose in eine Hütte an der Biegung des Flusses, weil er mit Haut und Haaren den Reizen der lokalen Weiblichkeit verfallen ist. Ein Syndrom übrigens, das wir auch heute noch bei Ausländern in Kuba beobachten können!

Währenddessen mutiert Robertico selber zum Kunstmaler (als welcher er eben, 40 Jahre später, zurückkehrt).

Das Dorfleben an der Biegung des Flusses wird zuerst durch die Installation eines Radioapparates im "Mambí", der Puff-Kneipe, auf den Kopf gestellt. Ein paar Jahre später geraten diese Landeier, inklusive die Stadt Baracoa, völlig aus dem Häuschen, als in einem Hafenschuppen ein Filmprojektor auftaucht. Eine Weile lang meint man, das sei eine neuartige Kaffeemühle, aber der Franzose hilft den guajiros auf die Sprünge; es finden fortan Film-Sessionen im Hotel la Rusa statt.

Robertico wächst zum Jüngling heran und liebt die jüngste Tochter der Nena Chica, die dulce Marilín, verliert aber seine Jungfräulichkeit an deren Mama. Sie ertappt ihn nämlich, wie er sie bei mitternächtlichen Bad im Fluss beobachtet und profitiert von seiner Erektion, indem sie sich gleich draufsetzt. Später stellt sich heraus, dass die dulce Marilín seine Halbschwester ist, weil sein Vater sie mit der Nena Chica gezeugt hat. Aber das ist egal; am Schluss brennt er mit ihr durch und wird glücklich mit ihr. Man sieht, an der Biegung des Flusses herrscht ein reges und vielseitiges Liebesleben.

Für jemanden, der von Kuba keine Ahnung hat, dürfte das Buch etwas schwer verständlich sein. Es setzt voraus, dass man zumindest weiss, dass Baracoa lange keine Strassenverbindung zum Rest des Landes hatte; dass "el Yunque" ein Berg ist; wer die Orishas sind; und dass der kubanische Dialekt seine Eigenheiten hat, was in folgender Bemerkung der Nena Chica zum Ausdruck kommt: "Miamol, no etará jalao con lo chico que ere?"

Ich habe die 260 Seiten dieses Buches in zwei Tagen gelesen; es hat mich nicht losgelassen. Dazu beigetragen hat sicher die Tatsache, dass ich Baracoa ziemlich gut kenne, die Story also in vertrauter Umgebung stattfindet.

Empfehlenswerte Lektüre!


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