Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba

24.11.2007 14:29
#1 Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Forums-Senator/in

http://rsw.beck.de/rsw/shop/default.asp?...rom=JuS.30.2.14

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Sozialistische Realität

In politischer und staatsrechtlicher Hinsicht hatte ich immer dem Glauben aufgesessen, die karibisch-heitere Mentalität und das kubanische Lebensgefühl hätten hier zu einer Art abgeschwächtem Sozialismus, einem humorvollen Beieinander, geführt, was sich aber als fataler Trugschluss erwies. Während nämlich in Ländern wie Polen zur Zeit des Kommunismus die Menschen ihrem Frust über die Misswirtschaft ohne Furcht vor größeren Repressalien relativ freiherzig Ausdruck verleihen konnten, führt selbiges auf Kuba fast zwangsläufig in die großzügig angelegten Zellen der komfortablen Gefängnisse.

Der kubanische Staat ist eine straff durchorganisierte Diktatur, und nie zuvor habe ich die Perversion kommunistischer Staaten als ausgeprägter empfunden als dort. Schon in den Straßen Kubas fällt die ständige Präsenz von Polizei, Militär und Parteigenossen ins Auge. Zwar ist es ein typisch kubanisches Phänomen, dass Menschen dieses Berufsstandes auch in ihrer Freizeit das Haus meist in Uniform verlassen; gleichwohl verfügt der kubanische Staat über eine extrem hohe Anzahl an Polizisten und verdeckten Geheimdienstlern. Als Ausländer fühlt man sich hierdurch solange geschützt, bis man Bekanntschaft mit dem Kontrollapparat der Staatssicherheit gemacht hat.

Wer, wie ich, bereits das Vergnügen hatte, in einer schlecht belüfteten, spärlich ausgestatteten Amtsstube einem in seinen eigenen Augen hochrangigen kubanischen Beamten gegenüberzusitzen, kennt das Gefühl, der völligen Willkür eines unberechenbaren Menschen ausgeliefert zu sein. Wie erstaunt war ich, als mir jener Funktionär freundschaftlich-vertraulich mitteilte, er wisse, dass ich am Vorabend das Haus noch vor 20.00 Uhr verlassen hätte!

Die Frage nach der Herkunft solcher Informationen ist leicht zu beantworten. Kubaner können bei Vorhandensein ausreichender Räumlichkeiten und guter Verbindungen zur Partei Touristenzimmer vermieten. Die hierfür erforderliche staatliche Lizenz ist gegen Zahlung von 100 US-Dollar pro Monat erhältlich. Durch die Mieteinnahmen aber erlangen die Betroffenen eine für kubanische Verhältnisse so unvorstellbar bedeutende Einnahmequelle, dass sich der staatliche Verwaltungs- und vor allem Sicherheitsapparat ihrer häufig als Druckmittel bedient, indem beispielsweise die Lizenzentziehung angedroht wird, falls nicht brauchbare Informationen über die Aktivitäten der Nachbarn oder als verdächtig eingestufter Gäste geliefert werden.

So entsteht ein leistungsfähiges Spitzelwesen, dem sich die wenigsten widersetzen, weil die Konsequenzen unabsehbar sind. Gerade hierdurch herrscht ein großes Misstrauen unter der Bevölkerung, da sich eben nicht mit Gewissheit sagen lässt, ob der alte Kamerad aus Kindertagen nicht doch seine Freunde und Bekannten für die Regierung ausspioniert. Auch meine eigene Vermieterin stellte mir gelegentlich Fragen, deren Beantwortung mir viel Diplomatie abverlangte. Zu politischen Dingen sollte man sich in einem solchen Staate allenfalls antiamerikanisch äußern.


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Nach vielen Gesprächen und Bekanntschaften bin ich zu der festen Überzeugung gelangt, dass der kommunistische Kurs der Regierung Fidel Castro eine sehr schwache Unterstützung in der Bevölkerung erfährt und das System nur von wenigen Radikalen aufrecht erhalten wird, denen gemein ist, dass sie – auch bedingt durch die strenge Zensur – nur sehr oberflächliche Kenntnisse über ausländische Staaten haben. Weit verbreitet ist die Ansicht, in allen kapitalistischen Ländern sei der Schulbesuch nur den Kindern wohlhabender Eltern möglich und Hospitäler und Ärzte verweigerten sogar sterbenskranken Menschen die Behandlung, wenn sie sich eine solche aus Geldmangel nicht leisten könnten.

Immer heißt es, das kubanische Gesundheitswesen sei für südamerikanische Verhältnisse vorbildlich, was sich auch in der sogar im weltweiten Vergleich extrem hohen Lebenserwartung von ca. 75 Jahren äußere. Nach mehreren Besuchen auf der Kinderabteilung eines kubanischen Krankenhauses würde ich diese jedoch eher auf das warme Klima, die karibische Küche, den Breitensport, die relativ geringe Suchtquote und vor allem auf die durch Kraftfahrzeug- und Kraftstoffmangel bedingte geringe Anzahl tödlicher Verkehrsunfälle zurückführen. Mediziner sind in der Tat reichlich vorhanden (sie dürfen nicht einmal mit einer Einladung das Land verlassen!), aber auch eine Armee von Ärzten ist machtlos, wenn es an Medikamenten fehlt. Überdies sind die Ernährung und die allgemeinen hygienischen Bedingungen in den Krankenhäusern äußerst schlecht.


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Geradezu unerträglich ist die Diskriminierung der kubanischen Bevölkerung durch Dutzende Verbote in Bezug auf alles, was im Entferntesten mit Ausländern zu tun hat und dem Staat Devisen entziehen könnte. So ist ihnen sogar die unentgeltliche Personenbeförderung von befreundeten Ausländern mit privaten Automobilen oder Motorrädern strengstens untersagt und wird im Ernstfall mit einer Geldbuße in Höhe eines Jahreseinkommens geahndet. Der kubanische Staat praktiziert hier eine Art entgegen gesetztes Ausländerrecht, indem seine eigenen Bürger einer organisierten Diskriminierung unterworfen werden.

Rekordverdächtige Ausmaße erreicht umgekehrt die Diskriminierung der Ausländer, welche als goldene Devisenkuh fungieren. Sämtliche staatliche Leistungen, die an Kubaner gegen Landeswährung entrichtet werden, sind nur gegen Dollar erhältlich, wobei der pekuniäre Unterschied geradezu astronomisch ist. Der Eintritt in die historische Festung El Morro in der Bucht von Santiago de Cuba kostet beispielsweise einen Kubaner einen Peso, während Touristen vier Dollar zu entrichten haben (= 108 Pesos!).

Frauen sind dagegen – wie auch in anderen sozialistischen Staaten – beruflich gesehen weitgehend gleichberechtigt, wenngleich seitens der Männer – dies wiederum typisch für Südamerika – eine teilweise beschämend chauvinistische Haltung herrscht.

Hier noch einige praktische Informationen für die noch nicht endgültig Abgeschreckten. Entgegen einer in kapitalistischen Staaten üblichen Vorstellung ist ein Kuba-Aufenthalt alles andere als preisgünstig. Dies gilt insbesondere im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern, denn ein Konkurrenzdruck ist dem kubanischen System nahezu fremd. Die Preise einfachster Zimmer (zuweilen allerdings in zwar verkommenen, architektonisch aber sehr interessanten Kolonialbauten) liegen bei ca. 15–25 US-Dollar pro Übernachtung. Auch Konsumgüter liegen auf hohem Preisniveau, und wer meint, mit kubanischen Pesos in bescheidenem Überfluss leben zu können, wird schnell feststellen, dass mit der Landeswährung quasi nichts zukaufen ist.



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24.11.2007 15:20
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#2 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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( Gast )

In Antwort auf:
Sämtliche staatliche Leistungen, die an Kubaner gegen Landeswährung entrichtet werden, sind nur gegen Dollar erhältlich, wobei der pekuniäre Unterschied geradezu astronomisch ist.

Was die Busfahrten angeht ist das schon mal definitiv falsch...

In Antwort auf:
...hier zu einer Art abgeschwächtem Sozialismus,...

...noch richtig...
In Antwort auf:
...dass der kommunistische Kurs der Regierung Fidel Castro...

... schon falsch oder ???
In Antwort auf:
wer meint, mit kubanischen Pesos in bescheidenem Überfluss leben zu können, wird schnell feststellen, dass mit der Landeswährung quasi nichts zukaufen ist.

Auch unzutreffend...

Pitty


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24.11.2007 15:29
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#3 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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( Gast )

In Antwort auf:
Gelehrt hat mich mein Kubaaufenthalt den gebührenden Respekt vor unserer Verfassung. Erschienen mir die im deutschen Grundgesetz garantierten Grundrechte bis dato selbstverständlich, so begreife ich erst heute ihren wahren Wert, genieße vor allem das Recht auf freie Meinungsäußerung mehr denn je und empfinde sogar einen gewissen Stolz auf die Errungenschaften unseres Rechtsstaates.


Den wirklich 100 % vertretbaren Satz aus diesem Artikel hast Du, Refael_70, schlicht unterschlagen.
Warum

Pitty


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24.11.2007 17:30
avatar  Moskito
#4 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Rey/Reina del Foro

In Antwort auf:
wer meint, mit kubanischen Pesos in bescheidenem Überfluss leben zu können, wird schnell feststellen, dass mit der Landeswährung quasi nichts zukaufen ist.

In Antwort auf:
Empfehlen würde ich schließlich, aus Deutschland einige Kleinigkeiten mitzunehmen, die für die kubanische Bevölkerung nur schwer erhältlich sind. Kugelschreiber, Luftballons, Süßigkeiten und alte Medikamente bieten sich besonders an, weil sie preiswert und leicht zu transportieren sind.

Und noch ein paar Glasperlen für die armen Negerlein?

S


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24.11.2007 17:35 (zuletzt bearbeitet: 24.11.2007 17:46)
#5 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Forums-Senator/in
Zitat von Moskito
Und noch ein paar Glasperlen für die armen Negerlein?


Dann schon lieber Kochtöpfe ...

Aber nur die mit wirklich flachem Boden, das spart Strom und schont die Umwelt ...

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25.11.2007 00:40 (zuletzt bearbeitet: 25.11.2007 01:10)
#6 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Forums-Senator/in
Zitat von pitty
Gelehrt hat mich mein Kubaaufenthalt den gebührenden Respekt vor unserer Verfassung. Erschienen mir die im deutschen Grundgesetz garantierten Grundrechte bis dato selbstverständlich, so begreife ich erst heute ihren wahren Wert, genieße vor allem das Recht auf freie Meinungsäußerung mehr denn je und empfinde sogar einen gewissen Stolz auf die Errungenschaften unseres Rechtsstaates.




Genau das ist, Wort für Wort, auch mein Fazit nach Jahren auf der Pirateninsel!

Deshalb nervt mich und kotzt mich an, wie ständig (auch hier im Forum) unsere wunderbare (wenngleich natürlich verbesserungswürdige) freiheitlich-demokratische Grundordnung durch den Dreck gezogen wird bzw. deren vielfältige Errungenschaften ständig relativiert werden, wie beharrlich vom Überwachungsstaat BRD und dem "Big Brother" Schäuble gefaselt wird und permanent der demokratische Rechtsstaat USA als Wurzel allen Übels auf der Welt dargestellt wird!!

_______

„Die Demokratie ist die schlechteste aller Staatsformen, ausgenommen alle anderen.“
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¡Visca Barça! [img]http://www.soccer24-7.com/forum/images/smilies/BarcaBarca.gif[/img]
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25.11.2007 10:18
#7 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Rey/Reina del Foro

chavalito - ich behaupte nicht das die USA schlimmer wären als andere - aber der Hauptunterschied ist doch das die US Regierung von sich immer nur das Beste behauptet, der Hort der Demokratie, der Freiheit und Humanität. Ist die USA aber nun mal nicht, sie ist genauso fehlerbehaftet wie alle anderen. Nur das sie ihre militärische Macht mißbrauchen. Wenn Du ein kritikloser Freund der USA bist, bist Du kein echter Freund - denn nur ein wahrer Freund kann grausam ehrlich sein!

die polemischen Gesänge gibt es doch auf beiden Seiten - und ihr habt euch wahrscheinlich auch verdient!

_________
"Ehrenmänner lesen nicht die Post anderer Leute" - Henry L. Stimson US-Außenminister 1929


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25.11.2007 11:42
avatar  Moskito
#8 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Rey/Reina del Foro

In Antwort auf:
Deshalb nervt mich und kotzt mich an, wie ständig (auch hier im Forum) unsere wunderbare (wenngleich natürlich verbesserungswürdige) freiheitlich-demokratische Grundordnung durch den Dreck gezogen wird bzw. deren vielfältige Errungenschaften ständig relativiert werden, wie beharrlich vom Überwachungsstaat BRD und dem "Big Brother" Schäuble gefaselt wird und permanent der demokratische Rechtsstaat USA als Wurzel allen Übels auf der Welt dargestellt wird!!

Das tut doch gar niemand, von ein paar Spinnern vielleicht mal abgesehen.
Aber auch "unsere wunderbare freiheitlich-demokratische Grundordnung" ist in ihrer realen Umsetzung unvollkommen nicht der Weisheit letzter Schluss und, vor allem nicht auf jedes Land und jede Kultur beliebig übertragbar. Und es ist sicherlich auch nicht grundlos, dass die USA, bzw. die Holzhammerpolitik der vom Volke gewählten Regierung, in fast ganz Lateinamerika und vielen Ländern der Welt einen denkbar schlechten Ruf hat.

S


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25.11.2007 11:51 (zuletzt bearbeitet: 25.11.2007 11:52)
avatar  Moskito
#9 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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Rey/Reina del Foro
Zitat von Rafael_70
Zitat von Moskito
Und noch ein paar Glasperlen für die armen Negerlein?


Dann schon lieber Kochtöpfe ...

Aber nur die mit wirklich flachem Boden, das spart Strom und schont die Umwelt ...

Da hast du recht, Wilma, allerdings würde ich bei Kochtöpfen eher auf robuste Ausführung achten und ohne Beschichtung (!), denn eine solche würde kubanischen -ähm- Küchenalltag nicht lange überleben.

S


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25.11.2007 12:54
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#10 RE: Kuba: Auslandssemester in der Karibik – Vergeblicher Versuch eines Jura-Studiums in Santiago de Cuba
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( Gast )

Zitat von Moskito
Aber auch "unsere wunderbare freiheitlich-demokratische Grundordnung" ist ...vor allem nicht auf jedes Land und jede Kultur beliebig übertragbar.

Das politische System vielleicht nicht, aber das was eines der wesentlichen Ergebnisse dessen ist: Das Recht ; und dies war ja der Ausgangspunkt und die Intention des Artikelverfassers.
Das Recht lässt sich sicher auf jede Kultur übertragen, es ist vielleicht eine Grundvoraussetzung für Kultur...

Pitty


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