Vom Kokabauern zum Präsidenten

21.01.2006 19:41
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Rey/Reina del Foro

Morales will Abkehr vom Neoliberalismus

Von Coco Cuba

La Paz (AFP) - Gut einen Monat nach seiner Wahl zum Präsidenten von Bolivien legt Evo Morales am Sonntag den Amtseid ab. Damit führt 180 Jahre nach der Staatsgründung erstmals offiziell ein indianischer Ureinwohner den Andenstaat. Das einmonatige Interregnum bis zu seiner Vereidigung nutzte Morales für ein praxisnahes Studium der internationalen Beziehungen. Drei Wochen lang reiste er auf Vorstellungstour von Amerika nach Europa, Afrika und Asien und bekannte anschließend: Seit der Reise und den Gesprächen mit vielen Staats- und Regierungschefs wisse er, dass es Aufgabe des Präsidenten und der Regierung sei, "gute Geschäfte für das Land abzuschließen". Zum Exportschlager will Morales sein Wirtschaftsmodell der Abkehr vom Neoliberalismus machen.

Schon sein Wahlsieg war ein Signal ans Establishment. Der sozialistische Führer der bolivianischen Kokabauern setzte sich bereits im ersten Wahlgang mit 54 Prozent klar gegen den früheren Staatschef Jorge Quiroga durch. Quiroga ist ein Vertreter der bislang dominierenden Schicht aus Nachfahren europäischer Einwanderer und Verfechter eines konservativ-liberalen Wirtschaftsmodells.

Morales steiler politischer Aufstieg gründet sich auf die Not zehntausender Kokabauern in dem Andenstaat. Mit seinem Programm des freien Kokaanbaus fordert der 46-jährige Aymara-Indianer das politische Establishment in seiner Heimat und die USA gleichermaßen heraus. Washington verfolgte in der Vergangenheit in Bolivien eine kompromisslose "Null-Drogen"-Politik und schloss mit La Paz ein Abkommen zur zwangsweisen Zerstörung von Koka-Pflanzungen. Mit der Vernichtung des Rohstoffs für Kokain wurde zugleich die Lebensgrundlage für die Kokabauern zerstört. Die Urbevölkerung kaut die getrockneten Kokablätter seit Jahrhunderten als anregendes, Hunger und Durst linderndes Mittel.

Morales stieß die USA zusätzlich vor den Kopf, als er im Wahlkampf ankündigte, Privatisierungen rückgängig machen zu wollen und die Zahlung von Auslandsschulden auszusetzen. Seine Bewegung für den Sozialismus (MAS) begreift sich als "politisches Instrument für die Armen" und strebt eine Ausdehnung der staatlichen Kontrolle über die Erdöl- und Gasindustrie an - als Mittel zur Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums in Südamerikas ärmsten Land. Seine umstrittenen Nationalisierungspläne verteidigte Morales auch im Ausland.

Geboren wurde der aus einer Bauernfamilie von Aymara- und Quechua-Indianern stammende Morales 1959 in der Bergbauregion Orinaca im südlichen Andenhochland. Er verbrachte seine Kindheit in extremer Armut; von den sechs Geschwistern starben vier, bevor sie zwei Jahre alt waren. Vor einer Dürre in Orinaca floh Morales "auf der Suche nach Brot", wie er selbst sagt, Anfang der 80er Jahre in die weiter nördlich gelegene Provinz Chapare. Nach einer Privatisierungswelle lernte er Mitte der 80er Jahre die Not tausender entlassener Grubenarbeiter in Chapare kennen.

Einfluss gewann Morales, als er zum Chef aller fünf Koka-Bauernverbände aufstieg. Mit 70 Prozent der Stimmen gewann der Sozialist 1997 einen Sitz im Parlament. Seitdem ließ er keine Gelegenheit aus, mit Protesten und zum Teil wochenlangen Straßenblockaden die Regierungen des früheren Diktators Hugo Banzer (1997-2001) und seines Nachfolgers Jorge Quiroga (2001-2002) herauszufordern. Offenbar auf Druck der USA wurde Morales das Parlamentsmandat im Januar 2002 wegen Anstachelung zur Gewalt wieder aberkannt, was als verfassungswidrig erklärt wurde. Mit Ironie verzieh Morales nach seiner Wahl den USA ihre "Erniedrigungen und Anschuldigungen" und zeigte sich dialogbereit.

Bei der Präsidentschaftswahl im Juni 2002 ...
http://linkszeitung.de/content/view/7204/45/

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