@ xurri
Da Du offensichtlich neu hier bist und noch nicht die ganzen älteren Beiträge im Forum zu diesem Thema durchgestöbert haben wirst, kopiere ich für dich nochmal einen Teil meines 4. Berichtes aus Cuba:
4. Bericht
Weihnachten und Neujahr
Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man das erste Mal in seinem Leben Weihnachten nicht im gewohnten Familienkreis bei winterlichen Temperaturen und den vertrauten Ritualen verbringt. Am 24. Dezember war der letzte Tag mit einigermaßen Badewetter. Wer genau die 14 Tage über Weihnachten und Neujahr gebucht hatte, sieht heute noch so blass aus wie vorher, „como un pomo de leche“. Jedenfalls haben wir mit unseren Freunden, den Bademeistern bei strahlender Sonne kräftig in die Rumflasche geschaut. Als gewohnter Kunstlichttrinker eine Umstellung, schon bei Sonnenschein aber dafür um so schneller einen in der Kiste zu haben.
Der Heiligabend ist in Cuba alles andere als heilig. Die Kirche hatte geschlossen, am Dollar-Kiosk eine riesige Schlange und auf der Strasse alle noch etwas mehr besoffen als allgemein üblich. Ansonsten ein ganz normaler Abend ohne den geringsten Anschein von Weihnachten. Um Weihnachtslieder hören zu können, müsste man schon die Deutsche Welle im Radio suchen. Hab es mal ein paar Minuten probiert, bin aber nur auf völliges Unverständnis gestoßen. „El loco alemán“ eben. Geschenke sind auch nicht üblich. Meine Familie hat zwar wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass ich an jeden was verteilt habe, aber wieso und warum gerade heute, das war für sie nicht nachvollziehbar. Wozu auch, Hauptsache es gab wieder was abzufassen.
Am 25. dann war die Kirche abends geöffnet und es gab so eine Art Gottesdienst mit singen und tanzen. Das halbe Dorf hab ich dort getroffen, mit Kind und Kegel. Aber so richtige Weihnachtsatmosphäre war jedenfalls nicht zu verspüren. Fazit: Wer auf das traditionelle Weihnachten nicht verzichten möchte, sollte zu dieser Zeit nicht hier sein. Ich komme damit zurecht. Und wenn es mich eines Jahres wirklich picken sollte, dann muss ich eben mal 14 Tage über Weinachten in Deutschland Urlaub machen.
Silvester hingegen wird kräftig gefeiert. Am Tag zuvor muss wieder ein obligatorisches Schwein dran glauben. Damit fängt die Party bereits an. Wenn die Brüder, Onkels und Nachbarn bei dröhnender Musik von „Pesadilla“ blutrünstig um den dampfenden Wasserkessel herumspringen, sich die eine oder andere Pulle Rum nebenbei reinsaugen, bis das arme Schwein endlich abgemurkst wird und am Ende ausgeschlachtet an der Decke baumelt. Dann sind für heute alle zufrieden und besoffen. Am 31. wird dann früh die Grube ausgehoben, mit Holkohle vollgeschüttet und das Schwein darüber stundenlang gegrillt. Die anderen Rituale vom Vortag wiederholen sich.
Das eigentliche Festmahl ist dann nur noch Nebensache. Es wird literweise Rum verklappt. Meine 2 Kisten Bier wurden bereits am Vorabend ein Opfer des Schlachtfestes. Bier gab es schon am Vormittag des 31. nirgendwo mehr zu kaufen, nicht einmal für Dollar. Trotzdem die fürchterlichste längste Schlange von Leuten, die ich jemals am Dollarkiosk gesehen habe. Am 1. und 2. ist hier nämlich alles dicht. Der Onkel ist dann mit dem Fahrrad losgezogen um Bier zu holen und kam auch tatsächlich nach 2 Stunden und 14 Kilometern mit 20 Flaschen „Tínima“ zurück, Pulle zu 15 Peso, sonst 10. Das nenne ich Marktwirtschaft.
Normalerweise lege ich ja größere Vorräte an, um solchen erpresserischen Machenschaften nicht hilflos ausgeliefert zu sein, aber das geht hier nicht. Jedenfalls nicht, bevor mein Anbau fertig und abschließbar ist. Punkt 24 Uhr passierte genau folgendes, nämlich nichts. Kein Gegröle von „Prosit Neujahr“ oder so, kein Knallzeug, rein gar nichts. Es wurde einfach weiter Rum vertilgt, jedenfalls von denen, die noch konnten. In weiter Ferne war lediglich ein Höhenfeuerwerk zu beobachten, vermutlich vom „Clubhotel Atlantico“.
e-l-a